Monika Bauer hatte gerade ihre frisch geschaffene Stelle für Erwachsenenbildung in der evangelischen bayerischen Landeskirche angetreten, als sie nach Augsburg entsandt wurde, um ein neues Projekt aufzubauen. Es sollte Menschen in der Phase nach der Erwerbsarbeit und Familienzeit erreichen. "Zu dieser Zeit waren viele Firmen dabei, ihre mittlere Leitungsebene abzubauen. Zahlreiche erfahrene Verantwortungsträger waren nahezu düpiert, oft verzweifelt", erinnert sich Bauer.

Ehrenamtliche Tätigkeiten, aber auch Fortbildungen

1997 wurde zu den ersten Treffen eingeladen. Man kochte und aß zusammen und kam ins Gespräch. Bald wurden neue "Schwungfeder"-Teams gebildet. Bauer vermittelte ehrenamtliche Tätigkeiten, bot bald aber auch Fortbildungen an, mithilfe derer die Menschen qualifiziert an neue soziale und geistige Felder herangeführt und in ihren Gemeinden aktiv werden konnten. "Die Leute waren ja noch nicht wirklich alt, hatten aber einen breiten Erfahrungsschatz und waren schnell wieder motiviert", meint Monika Bauer.

Klaus Lippmann erinnert sich noch sehr gut daran, als 1998 plötzlich Schluss mit dem Job war. Dem Maschinenbauingenieur und Teamleiter in einem international agierenden Unternehmen war nahe gelegt worden, sich mit Ende 50 doch in den Ruhestand zu begeben und Jüngeren Platz zu machen. "Ich stand noch voll im Saft und sollte plötzlich aufhören", sagt der heute 84-Jährige. Es waren die "fetten Jahre" der Globalisierung, in denen der Glaube vorherrschte, ältere Fachkräfte seien nicht mehr notwendig.

Ungewohnte Ruhe sinnvoll mit Leben füllen

Die "Schwungfeder" im Augsburger Annahof war damals ein erster Anlaufpunkt für Lippmann. Er wollte die ungewohnte Ruhe wieder sinnvoll mit Leben zu füllen. "Ich kam rein, war einer der wenigen Männer unter rund 30 Gästen, und habe zuerst nicht gewusst, ob ich dort richtig bin. Aber schnell habe ich gemerkt, dass wir alle ähnliche Geschichten und Vorstellungen haben", meint Lippmann.

22 "Schwungfeder"-Gruppen gab es zeitweise - nicht nur in Augsburg. Anfang der 2000-er-Jahre entstanden Ableger in Kempten, Memmingen, Neu-Ulm oder Landshut. Neben den Fortbildungsangeboten wurden auch Ausflüge, Vorträge und andere Freizeitaktivitäten organisiert. Aus der "Bewegung" entstanden zahlreiche Freundschaften und neue Kontakte. Man versteht sich als überkonfessionell, ist aber evangelisch geprägt. Ein Gebet zu Beginn und ein Segen am Schluss gehören bei den Zusammenkünften mit dazu.

Rund 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hat Klaus Lippmann in den 25 Jahren gezählt. Seit einigen Jahren leitet er in einem Team von sechs Personen die übrig gebliebene Augsburger Gruppe, die bei den regelmäßigen Treffen jeweils rund 30 Gäste anzieht und einen ideellen Unterstützerkreis von etwa 80 weiteren hat.

Etwas mehr als ein Kaffeekränzchen

Das Wesen der "Schwungfeder" hat sich aber im Lauf der Jahre gewandelt. Im Mittelpunkt der Treffen stehen heute jeweils aktuelle Informations- oder Diskussionsthemen, die vom Team vorbereitet werden. Oft geht es kreativ zu, manchmal werden auch Referenten eingeladen. Es werden Städtefahrten, Fahrradtouren und Wanderungen organisiert, auch mal Sprachkurse oder PC-Workshops. Man verstehe sich mittlerweile eher als "anspruchsvolle Gemeinschaft", die etwas mehr als ein Kaffeekränzchen ist und das Augenmerk auf den Menschen selbst hat. Dazu gehöre auch, dass sich die Gäste mit "Du" ansprechen und neue sich erst einmal vorstellen.

Für Klaus Lippmann ist die "Schwungfeder" zu einer neuen sozialen Heimat geworden, "die ich in der Firma wohl so nicht mehr kennengelernt hätte", wie er bekennt. Und Monika Bauer? Mit 83 Jahren ist sie schon länger im Ruhestand, hält aber immer noch in ihrer neuen Heimat Lindau regelmäßig Workshops oder organisiert Veranstaltungen in ihren evangelischen Gemeinden.