90 Prozent der Befragten sagten, die Kirche sollte angesichts der heutigen Spaltungstendenzen in der Gesellschaft Menschen zusammenführen. Die Stimmung an der Basis ist nicht schlecht: Befragt nach der Gesamtsituation ihrer Gemeinde, gab es im Durchschnitt die Note 2,8. Die Mehrheit der Befragten (56 Prozent) nannte Nachwuchsmangel und Überalterung als drängendstes Problem.

Jeder Zweite (51 Prozent) gab an, dass in die Gottesdienst kaum noch Menschen unter 60 kommen. Familien fänden nur noch bei besonderen Gelegenheiten den Weg in die Kirche, erklärten 82 Prozent der Befragten. Dass so wenige Jugendliche kommen, liege vor allem an den alten Liedern, sagten 47 Prozent.

Abschied von der Volkskirche

Nur wenige glauben noch an eine »Volkskirche«, die Menschen über alle Altersstufen und sozialen Milieus hinweg bindet. 65 Prozent sehen dies als »Auslaufmodell«. Veranstaltungen mit »Event-Charakter« könnten gegen diesen Trend helfen, sagten 47 Prozent. Nur 18 Prozent sehen darin eine »Anbiederung an den Zeitgeist«. 72 Prozent setzen auf neue Gottesdienste, die statt äußerer Tradition mehr Wert auf eine emotionale Ansprache legen.

Eine Mehrheit von 60 Prozent betrachtet die Entkirchlichung der Gesellschaft und die Austrittswellen der vergangenen Jahre mit großer Sorge. 47 Prozent nannten als großes Problem die Überlastung der Gemeindemitarbeiter. Dies gelte insbesondere für die Geistlichen und Hauptamtlichen, sagten 69 Prozent. Jede dritte Kirchengemeinde (31 Prozent) muss Kirchenräume schließen, jede fünfte (20 Prozent) Gemeindehäuser oder Jugendzentren.

Ihren Optimismus haben die Gemeinden offenbar dennoch nicht verloren. 48 Prozent der Befragten haben ein wachsendes Bedürfnis in der Gemeinde nach spirituellen Inhalten wahrgenommen. Allerdings müssten sich die Gemeinden dafür auch öffnen. 65 Prozent sind der Meinung, dass die Kirche neue spirituelle Zugangsformen erschließen müsse, 61 Prozent wünschen sich Neuansätze für Gottesdienste.

 

RAUHES HAUS HAMBURG

Der Verlag »Agentur des Rauhen Hauses« ist nicht nur dem Namen nach untrennbar mit dem Rauhen Haus in Hamburg und damit mit dem Diakoniegründer Johann Hinrich Wichern verbunden: »Innere Mission«, das war für Wichern von Anfang an praktische Sozialarbeit, gelebte christliche Werte verbunden mit Publizistik, um sie zu verbreiten.

Der Theologe Johann Hinrich Wichern war 25 Jahre alt, als er am 12. September 1833 die Stiftung »Das Rauhe Haus« gründete. Zuvor hatte er führende Hamburger Politiker und Kaufleute davon überzeugt, dass es für verwahrloste und verwaiste Kinder aus Hamburgs Elendsvierteln nur eine Hoffnung geben könnte: ein »Rettungsdorf« vor den Toren der Stadt - das »Rauhe Haus«.

Hier wurde im Dezember 1839 der Adventskranz erfunden: An jedem Tag des Advents zündete Wichern für die Kinder eine neue Kerze auf einem Holzkranz an. Zu Weihnachten erhellte dieser Lichterkranz feierlich den Saal - der Adventskranz war geboren. Der Brauch verbreitete sich schnell zunächst in evangelischen Familien. 1925 hing in Köln dann zum ersten Mal ein Adventskranz in einer katholischen Kirche. Seither hat sich der Brauch das Adventskranzes weltweit verbreitet.

Verlag und Diakonie gehörten von Anfang an zusammen: Schon bald nach Gründung seiner Stiftung wurde Wichern eine Druckmaschine gespendet. Als pragmatischer Geist setzte er sie intensiv ein. Mit der Herausgabe der »Fliegenden Blätter« und anderer Schriften versuchte er, christliche Werte in die Öffentlichkeit zu tragen. Die »Agentur« gründete Wichern am 11. Februar 1842. Alle vom Verlag erwirtschafteten Erträge fließen seither in die Arbeit des Rauhen Hauses.