Über den Beschluss zum Tempolimit der EKD-Synode in Magdeburg wurde viel diskutiert. Was ist Ihre Meinung dazu, Herr Blumtritt?

Stefan Blumtritt: Meine Meinung ist, dass das eine Anregung ist. Ein Vorschlag, der dazu führt, hoffentlich, dass das, was wir dringend brauchen, in dieser Frage des Klimaschutzes zu einem Kultur und Haltungswandel führt. Denn da wird es plötzlich spürbar, dass Klimawandel was persönlich mit mir zu tun hat. Und ich bin von einer Meta Diskussionsebene plötzlich weg in der persönlichen Betroffenheit und dann wird es ernst. Und das ist für mich der große Vorteil von solchen Vorschlägen und Initiativen, ins Nachdenken zu kommen und auch ins Handeln vor allen Dingen zu kommen und nicht nur beim Nachdenken und Zustimmen zu verharren.

"Dieser Wohlstand ist so nicht mehr begründbar. Vielleicht gibt es dann eine andere Form des Wohlstands."

Klimaschutz darf also auch mal weh tun?

Für mich stellt sich nicht die Frage, ob er darf. Er wird wehtun. Wir leben auf Kosten dieser Schöpfung, dieser Welt. Und Kosten heißt, es kostet und nicht nur Geld, sondern auch Haltung, Verhaltensmuster, die wir eingeübt haben. Ein Wohlstand, den wir als selbstverständlich hinnehmen, der durch stetiges Wachstum begründet ist. Dieser Wohlstand ist so nicht mehr begründbar. Vielleicht gibt es dann eine andere Form des Wohlstands. Den kennen wir noch nicht. Und das macht natürlich Sorgen, Angst und Mühe. Sich darauf einzulassen, auf etwas, was ich noch nicht kenne.

Wie kann es gelingen?

Das Entscheidende ist dran, dass wir lernen müssen und jeden Tag ein Stückchen mehr. Wir sind als lernende Gemeinschaft und Gesellschaft unterwegs und wir haben nicht der Weisheit letzten Schluss. Die Beschlüsse, die wir morgen fassen, werden nicht die nächsten 20 Jahre gelten, sondern wir werden immer wieder nachsteuern müssen, weil wir es lernen müssen.

"Da ich ein E-Auto fahre, bin ich sowieso schon stark reduziert in meiner Geschwindigkeit."

Halten Sie selbst sich ans empfohlene Tempolimit?

Da ich ein E-Auto fahre, bin ich sowieso schon stark reduziert in meiner Geschwindigkeit und merke, dass das ehrlich gesagt gut tut. Also es ist kein Verlust, sondern es ist was neues, anderes. Es bedarf vielleicht einer anderen Zeitplanung, aber ehrlich gesagt, die muss ich sowieso haben bei den Verkehrsverhältnissen, die wir mittlerweile haben und den Staus. Das ist so!

Was sind die größten Herausforderungen für die Landeskirche bei der Umsetzung des Klimaschutzes?

Ich denke natürlich, der größte Brocken sind einfach die Investitionen in die Gebäude. Das ist der allergrößte Punkt. Aber es gibt viele andere Modelle. Seit Jahren gibt es bei uns sehr erfolgreich den Grünen Gockel, ein zertifiziertes Zertifizierungsprogramm, das Energieeinsparungen zur Folge hat und den Umgang mit knapper werdenden Ressourcen zum Ziel hat. Eine Kirchengemeinde, eine durchschnittliche Kirchengemeinde, spart ungefähr 4.000 Euro im Jahr an Energiekosten. Das ist doch schon mal ein Erfolg, den man sehen kann.

"Barrierefreiheit ist auch eine Frage des Klimaschutzes."

Werden solche Erfolge genug gewürdigt?

Wir sind da nicht ungeübt. Wir müssen es bloß mal als Teil eines Ganzen sehen und auch uns gegenseitig diese Erfolge zusprechen und uns derer auch zu vergewissern. Ich glaube, das ist immer. Manche Sachen nehmen wir viel zu selbstverständlich hin zu sagen Das haben wir schon geschafft. Das Zertifizierungssystem über dem Grünen Gockel zeigt schon sehr deutlich in einer Kirchengemeinde, wie ich das Licht anschalte. Sehe ich schon, da ist LED drin oder Glühbirne. Ich sehe an Spülkästen, wie der Wasserverbrauch ist. Ich sehe in der Küche, dass ein anderer Herd installiert worden ist. Der energiesparende ist zum Beispiel lauter solche Geschichten. Das kann ich sehr deutlich merken. Ich frage mich auch wie sind Zubringerbusse zu den Veranstaltungen, also Gemeinschaftsfahrten, möglich? Da habe ich eine Ladesäule an den Parkplätzen, zum Beispiel an der Kirchengemeinde. Wie viele Parkplätze habe ich und stelle ich noch zur Verfügung? Ein großes Thema, zum Beispiel aus meiner Arbeit in den Kirchengemeinden kann ich sagen, war immer haben wir genug Fahrradstellplätze. Wie barrierefrei ist auch ein Zugang möglich? Also wenn ältere Menschen dann doch sagen, sie kommen mit einem zu Fuß oder sind mit dem Rollator unterwegs, kommen die gut in die kirchlichen Räume rein. Auch das ist eine Frage des Klimaschutzes.

Was ist der entscheidende Faktor, damit Klimaschutz gelingt?

Ich glaube, im Bereich Klimaschutz geht es nur um ein Miteinander. Wir haben eine unglaubliche Schar von ehrenamtlichen Mitarbeitern, die sich hochgradig in diesem Bereich engagieren, ohne die der Klimaschutz überhaupt nicht möglich. Von denen kommen sehr viele Ideen und sehr viele Anregungen. Da haben wir ein irres Potenzial und hohe Möglichkeiten, diese zu gewinnen und das auch relativ kostengünstig auch auf die Wege zu bringen, um diesen Kultur und Haltungswandel hinzubringen. Und wenn das gelungen ist, dann ist Klimaschutz eines der wichtigen Themen in unserer Gesellschaft.

"An ihren Taten werdet ihr sie erkennen. Das ist das Entscheidende. "

Inwiefern ist es denn ein kirchlicher Auftrag, das Klima zu schützen?

Wir sind als Kirche Teil dieser Gesellschaft. Jeder von uns, der in der Kirche ist und sich engagiert und sich als Mitglied fühlt oder es auch ist, ist Teil dieser Gesellschaft. Insoweit machen wir natürlich auch als Kirche Politik. Und es ist illusorisch zu sagen, wir beten das Vaterunser und beten für den Erhalt der Schöpfung, was ein Kernauftrag auch unserer Verkündigungsarbeit ist und den Inhalt des Evangeliums und der Bibel ist, wenn wir das uns auf das beschränken und nicht handeln danach. An ihren Taten werdet ihr sie erkennen. Das ist das Entscheidende.