Um das Expertentum auf dem Gebiet besser bündeln und ein Netzwerk aufbauen zu können, gründete sich 2005 das Mennonitische Friedenszentrum Berlin (MFB). Die Mennoniten gelten als eine der historischen Friedenskirchen und sind eine evangelische Freikirche. MFB-Leiterin Martina Basso wird bei der bayerischen Landessynode vom 24. bis 28. März in Lindau über das immeraktuelle Thema sprechen. Dem Evangelischen Pressedienst (epd) verriet die Geschäftsführerin der Vereinigung der Deutschen Mennonitengemeinden (VDM) vorab, was das Zentrum sein will - nämlich ein "entscheidender Krümel" im öffentlichen Friedenskuchen.

Frau Basso, was bedeutet Frieden für Sie? Und muss er immer Utopie bleiben?

Martina Basso: Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg. Ich zitiere aus der Friedenserklärung der Vereinigung der Deutschen Mennonitengemeinden (VDM) von 2009: "Frieden umfasst den Frieden mit Gott, wie auch den Frieden der Menschen untereinander sowie den Frieden mit und innerhalb der gesamten Schöpfung." Leitend für mein Verständnis sind auch die vier Ebenen des Ökumenischen Rats der Kirchen aus seiner Friedenskonvokation 2011 in Jamaika: Friede in der Gemeinschaft, Friede mit der Erde, Friede in der Wirtschaft und Friede zwischen den Völkern.

Ob Frieden immer eine Utopie bleibt oder ein Ziel ist, das nie völlig erreicht wird, diese Frage stellt sich mir nicht. Ich halte es da mit dem 2013 während der Vollversammlung des ÖRK in Busan verabschiedeten "Pilgerwegs des Friedens": Der besagt nämlich, dass ich nicht auf ein Manuskript zur Veränderung der Welt schauen soll, das mich in all seiner Komplexität zu überwältigen droht. Sondern dass es zuallererst um einen Ruf und eine Einladung an jeden Einzelnen geht, mit dem Frieden im Kleinen anzufangen.

Das klingt ein bisschen nach der aktuellen Jahreslosung, "Suche Frieden und jage ihm nach". Wie finden Sie die?

Basso: Gegen die Jahreslosung aus Psalm 34 habe ich nichts - im Gegenteil. Ich finde nur die Übersetzung etwas unglücklich - schaue ich mir den hebräischen Text an, dann kann ich auch folgendermaßen übersetzen: "Suche den Frieden und bemühe dich ernsthaft und leidenschaftlich um ihn". Denn wer "jagt", rast in der Regel über Stock und Stein, über Berg und Tal und läuft Gefahr, die kleinen Pflänzchen zu übersehen, zertritt sie vielleicht gar in der Hast, überhört die leisen Töne im Vorbeirauschen und kann zarte Brisen gar nicht wahrnehmen. Und wer einfach losrennt, kommt bisweilen nicht an.

Martina Basso
Martina Basso leitet das Mennonitische Friedenszentrum Berlin

Wozu braucht es ein Friedenszentrum - und wie sieht Ihre Friedensarbeit konkret aus?

Basso: Das MFB wurde 2005 im Rahmen der Ökumenischen Dekade zur Überwindung von Gewalt eingerichtet, weil sich die Anfragen an unsere mennonitische Gemeinde häuften - nach dem Motto: "Ihr seid doch Friedenskirche, ihr wisst doch wie Frieden geht". Mit dem Zentrum unterstützen wir zum Beispiel Mennonitengemeinden dabei zu erproben, was es bedeuten kann, Friedenskirche zu sein und zu leben. Außerdem engagieren wir uns in regionalen, nationalen und internationalen ökumenischen Zusammenhängen: Aus der jahrelangen Netzwerkarbeit im sozialen Brennpunkt ist zum Beispiel das "Café Abraham-Ibrahim" erwachsen, ein Treffen von Menschen muslimischen Glaubens, von Menschen aus unterschiedlichen christlichen Denominationen und von religiös interessierten Menschen. Seit fast zehn Jahren besteht außerdem eine Partnerschaft zwischen der "Brethren in Christ Church Zimbabwe" und dem Friedenszentrum - ein Austausch darüber, was es heißt, Friedenskirche zu sein. Zudem ist das MFB Mitglied im Beirat des freikirchlichen Beauftragten am Sitz der Bundesregierung.

Friedensbildung betrifft alle Gebiete menschlichen Zusammenlebens: von Beziehungsstrukturen in Familien über den nachhaltigen Umgang mit der Umwelt bis zur Rolle von Regierungen und internationalen Institutionen. Unsere Arbeit motiviert viele Gemeinden in ihrem Weg. Und wir bemühen uns redlich, ein entscheidender Krümel im öffentlichen und im ökumenischen Kuchen zu sein.