Frau Altenmüller, das PuK-Projektbüro hat bereits viele Dekanate und Gemeinden besucht, um die Menschen über den Reformprozess zu informieren. Was ist nun die Aufgabe der Jugendbotschafter?
Marlene Altenmüller: Auch einige von uns waren bei einer der PuK-Veranstaltungen dabei, aber das war nur die erste Phase. In der zweiten Phase geht es nun darum, konkret zu werden, das heißt PuK vor Ort entsprechend der individuellen Bedürfnisse einer Gemeinde umzusetzen. Wir Jugendbotschafter halten den Prozess für wichtig, haben aber leider erlebt, dass junge Menschen bisher sehr wenig darin eingebunden waren. Daher wollen wir besonders Jugendlichen, die sich in ihrer Gemeinde engagieren dabei helfen, ihre Stimme zu finden und dort anzubringen, wo sie gehört wird.
Wie wollen die Jugendbotschafter das umsetzen?
Wir kommen als Moderatoren zu den Menschen und unterstützen sie dabei, zukunftsfähige Antworten für ihre Arbeit vor Ort im Geiste von PuK zu finden. Dazu haben wir einige Methoden im Gepäck, die helfen, ganz offen und kreativ bei der Entwicklung von Ideen zu werden.
Müssen sich die Gemeinden darauf vorbereiten?
Bevor wir unsere Einsätze vor Ort haben, motivieren wir die jungen Menschen, Fragestellungen zu formulieren, an denen wir dann arbeiten können. Das sind oft Fragen wie: Was wünschen sich junge Menschen von der Kirche und der Gemeinde? Wie begeistern wir auch zukünftig für Kirche? Gibt es Angebote, die angepasst, weiterentwickelt oder von Grund auf neu erarbeitet werden müssen?
Bei letzterem haben einige, die sich schon lange in der Kirche engagieren, Bauchschmerzen.
Es soll nicht darum gehen, alles über den Haufen zu werfen und neu zu machen. Viele Angebote laufen gut und müssen beibehalten werden. Wir haben auch Verständnis dafür, wenn Menschen an einer Idee festhalten, die sie vor Jahrzehnten entwickelt haben. Aber das widerspricht nicht der Möglichkeit, frei an Fragen heranzutreten und mithilfe der Design-Thinking-Methode neu und kreativ zu denken – und so letztendlich zu Lösungen zu gelangen, die vielleicht noch besser funktionieren als bisherige.
Hat die Jugend weniger Angst vor Veränderung?
Die Evangelische Jugend muss sich ständig verändern und neu erfinden. Bei uns gibt es eine viel höhere Fluktuation als in Erwachsenengremien, die teilweise über Jahrzehnte in einer Form bestehen bleiben. Bei uns sind Ehrenamtliche im Schnitt vielleicht drei Jahre in einem Amt. Darum ist PuK ganz klar eine Spezialität von Jugendlichen. Für breite Angebote kooperieren wir mit anderen Jugendverbänden, dekanatsübergreifend und ökumenisch. Wir haben auch nicht so viel Angst vor einem Wandel, denn wir hängen nicht so an den alten Strukturen. Wir freuen uns einfach, Zukunft mitgestalten zu können.
Vor welchen Herausforderungen steht die Jugendarbeit in Bayern?
Die Lebensphase der Jugend endet heute nicht mit 20, sondern geht bei manchen bis 35. Da muss Kirche schauen, welche Fragen die Menschen in dieser Lebenszeit umtreiben. Denn die kommen nicht erst mit der Heirat oder Taufe des ersten Kindes auf. Wir leben in einem Land, in dem jungen Menschen so viele Türen offenstehen, dass sich manche überfordert fühlen und zwischen Konfirmation und Heirat gut seelsorgerlichen Beistand und einen Raum brauchen könnten, um sich weiterzuentwickeln und Gemeinschaft zu erleben.
Wir freuen uns über das sehr große Interesse junger Menschen an PuK. Ihre Perspektive ist für einen Zukunftsprozess, wie ihn die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern derzeit durchführt, ausgesprochen wichtig und notwendig. Dass Jugendliche aus ganz Bayern in der Rolle von Botschafter_innen die Impulse des Prozesses aufgreifen und sich mit Jugendlichen und Jugendgremien in Dekanaten und Gemeinden in die Zukunftsthemen vor Ort einbringen wollen ist eine große Chance. Es zeigt, wie engagiert und motiviert Ehrenamtliche auf allen Ebenen an der Diskussion und der Entwicklung von Kirche beteiligt sind.