Wenn die Menschen nicht mehr in die Kirche kommen, kommt die Kirche eben zu den Menschen - auch im Urlaub. Denn oft reisen die Probleme mit. Oder sie kommen erst richtig ans Tageslicht, wenn man aus dem Alltagstrubel raus und eigentlich entspannen will. Das weiß auch Ilse Waldenmeier.
Die Gemeindereferentin ist im Pastoralen Raum Sankt Benedikt des Bistums Würzburg als Tourismusseelsorgerin unterwegs. Bei einer ökumenischen Segensaktion am 22. Juli kann man sie von 17 bis 20 Uhr gemeinsam mit Pfarrerin Mareike Rathje an den Wein-Yoga-Schaukeln in Sommerach kennenlernen.
Unerwartete Begegnungen
Im Oktober 2022 hatte die aus Würzburg stammende Seelsorgerin ihre neue Aufgabe übernommen, nachdem sie rund 30 Jahre lang von Taufvorbereitung, Religionsunterricht bis zur Beerdigung die ganze Bandbreite seelsorgerlicher Dienste ausgelotet hat.
"Mit Touristinnen und Touristen zusammenzukommen und dabei unerwartete Begegnungen außerhalb unserer innerkirchlichen Komfortzone zu machen, hat mich besonders an dieser Stelle gereizt", sagt die 57-Jährige.
Die Tourismusseelsorge in dieser Form ein Pilotprojekt des Pastoralen Raums Sankt Benedikt, erläutert dazu Bistumssprecher Markus Hauck.
Gespräche führen, um Kirche ein Gesicht zu geben
Streng genommen leistet sich die Diözese Würzburg damit den "Luxus", Personal für Menschen einzusetzen, die vielleicht weder katholisch sind noch zu einer Gemeinde im Bistum gehören. Ilse Waldenmeier will Kirche ein Gesicht geben, mitten im Leben sein, wo die Menschen sind.
Das könne beispielsweise im Weinberg sein, "wo das Evangelium einem fast ins Gesicht springt", lacht sie. "Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben", sagt Jesus im Johannesevangelium - das kenne fast jeder, es bietet einen guten Einstieg für Gespräche. Manchmal hat sie ein Schild oder einen Aufsteller dabei und begibt sich an Orte, wo Touristen sind.
Singen, beten und reden
"Die Herausforderung ist, mit Menschen in Kontakt zu kommen, die nicht oder nicht mehr in die Kirche kommen", meint Waldenmeier. Dabei kann es dann auch zu Gesprächen kommen, bei denen die Menschen ihren Frust, ihren Ärger oder auch persönliche Enttäuschung über Kirche loslassen:
"Auch dafür bin ich da: Als Ventil zum Dampf ablassen, wenn dadurch eine gute Erfahrung mit Kirche gemacht wird."
Mit im Gepäck sind auch ein Gebetsheft und ein Gesangbuch. "Wenn jemand mit mir beten möchte, bin ich bereit, wenn jemand ein lange nicht mehr gesungenes Lied anstimmen will, singen wir", verspricht sie.
Tourismusseelsorge ist für Gespräche da
Spezielle Gottesdienste nur für Touristen wird sie vorerst aber nicht feiern: "Wir bieten ein großes Angebot vielfältiger Gottesdienstformen in unseren Kirchen, außerdem können sich Touristen gerne spirituellen Spaziergängen oder Wanderungen anschließen. Das steht allen offen und findet sich auf unserer Homepage. Auch Kirchenführungen gehören nicht zu meinen Aufgaben. Das machen Gästeführer."
Ebenso informiere sie nicht über Freizeit- und gastronomische Angebote, wie dies die Tourist-Infos in den Orten ja tun. Dafür trifft man sie demnächst beispielsweise an den Wein-Yoga-Schaukeln am Sommeracher Katzenkopf, wo sich die Gäste bei der ökumenischen Aktion "Gönn' Dir Segen" dieses wörtlich nehmen und es sich gemütlich machen können.
Von Ilse Waldenmeier und der evangelischen Pfarrerin Mareike Rathje aus der Gemeinde Kleinlangheim gibt es dann einige religiöse Impulse zum Nachdenken und Innehalten. Und natürlich ein offenes Ohr und Herz für die Anliegen der Besucherinnen und Besucher.
Einfache Aktionen zum Mitmachen
Rathje sagt, es sei "gut und wichtig, als Kirche raus zu den Menschen zu gehen mit niedrigschwelligen Aktionen". Sie habe in der Coronazeit erlebt, wie Spaziergänger bei Taufen in den Weinbergen
"beim Vater Unser stehen blieben"
und teilweise sogar mitgebetet haben.
Sie freue sich immer, auch bei touristisch interessanten Aktionen wie den ökumenischen spirituellen Spaziergängen oder besonderen Gottesdiensten dabeizusein. "Gönn dir Segen" als "geistige Stärkung mit offenem Zeitfenster" sei "noch niedrigschwelliger" als ein Gottesdienst "to go" mit fester Dauer - sie hoffe darauf, mit vielen Menschen in Kontakt zu kommen, sagt die Pfarrerin.
Anonymität ist ebenfalls möglich
Gemeindereferentin Waldenmeier meint, die Menschen wollten gerade auch im Urlaub
"mit ihren Ängsten und Sorgen ernst genommen werden",
denn diese blieben ja nicht einfach zu Hause. Es könne auch vorteilhaft sein, dass die Gesprächspartner nicht erst eine Schwelle überwinden und sich an ein zuständiges Pfarramt wenden müssen, sondern anonym bleiben könnten. Auch das geht bei der Segensaktion wunderbar.
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