Zu früh, um am Sonntag schon aus dem Bett zu kommen, zu altbackene Lieder, zu sperrige Inhalt: Solche Argumente ziehen bei "Pop Up um Elf" jedenfalls nicht, um dem Gottesdienst fernzubleiben. Die Kirchenbänke bei diesem speziellen Format in der Nürnberger St. Jakobskirche sind immer voll - zu Corona-Zeiten so voll, wie man gerade darf. Anfangs war das heutige Erfolgs-Konzept für das evangelische Nürnberger Dekanat aber auch ein kleines Wagnis.
Always look on the bright side of life
Im thematischen Mittelpunkt steht jeweils ein Song, den viele aus dem Radio kennen: Mal war es Queens "Somebody to love", auch über den Filmmusik-Klassiker "Somewhere over the rainbow" wurde schon gepredigt oder sogar über Monty Pythons "Always look on the bright side of life". Ausgehend von diesem zentralen Lied werden etwa passende Bibelstellen gesucht. Daneben erklingen bekannte Gesangbuchlieder, moderne, christliche Songs und vielleicht noch das ein oder andere passende Solo-Stück, ebenfalls aus dem populären Bereich. Die Orgel schweigt, es spielt eine Band.
Professionelle Veranstaltungstechniker sorgen nicht nur für den richtigen Sound, sondern auch für Bilder auf einer Leinwand in der Kirche. Der Gottesdienst wird gefilmt, das Material geschnitten und im Anschluss beim TV-Sender Frankenfernsehen gezeigt und auf YouTube gestellt.
"Jeder Pop-Up ist lange vorbereitet", sagt Christian Probst. Einen Monat vorher treffen sich die Organisatoren, um den Ablauf und den Inhalt zu besprechen. Während des Corona-Lockdowns geschah dies online, ebenso wie die Gottesdienste auch teils ohne Publikum gefilmt und ausgestrahlt wurden.
"In den Pop-Liedern stecken viele Lebenserfahrungen. Diese mit der biblischen Botschaft zusammenzubringen, ist für mich das Faszinierende an dem Konzept",
sagt der Nürnberger Stadtdekan Jürgen Körnlein. Rund zehn Jahre lang habe er Überzeugungsarbeit leisten müssen, bis im Dezember 2019 der erste Pop Up-Gottesdienst in Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde St. Jakob und dem Amt für Gemeindedienst über die Bühne gehen konnte. Denn das alles kostet auch Geld, weil für Technik und Musik nicht immer nur Ehrenamtliche zur Verfügung stehen.
Abwechslung auf der Kanzel und am Pult
Beim "Pop up"-Gottesdienst arbeiten auch Profis mit, die bezahlt werden müssen. "Das gehört mit dazu, sonst gäbe es solche Formate nicht in unseren Kirchen und wir müssen auch diese Sparte bedienen und anbieten", sagt der Stadtdekan. Abwechslung gibt's auch auf der Kanzel und am Pult. Prediger und Liturgen aus verschiedenen Regionen wechseln sich ab, bringen ihre eigenen Gedanken zu den Songs und den Themen mit ein. Körnlein sagt:
"Dieser geistliche Austausch im Zusammenspiel mit den Liedtexten macht den Pop Up-Gottesdienst umso reizvoller, auch für mich als Pfarrer."
Ein gutes Beispiel für einen Pop-Song zu einem menschlichen Lebensthema, dem man sich mithilfe der Bibel annähern kann, sei der zentrale Song des vergangenen Pop Up-Gottesdienstes am 24. April: In "Easy on me" bittet Adele ihre Tochter um Verzeihung, dass sie sich von ihrem Vater getrennt habe.
Und noch etwas Gutes hat das Konzept: "Pop Up" war der Türöffner für das Dekanat Nürnberg bei Frankenfernsehen, die seit einiger Zeit regelmäßig sonntags einen Gottesdienst aus Nürnberg zeigen.