In Leipzig beginnt Ende März die Buchmesse – und ich feiere mit. Zwar nicht direkt vor Ort, aber dafür in Gedanken, während ich mein überquellendes Bücherregal anstarre und mich frage, ob Bücher eigentlich nachts heimlich Nachwuchs bekommen. Ehrlich, ich kann mich nicht erinnern, so viele gekauft zu haben … na gut, vielleicht ein paar. Oder ein paar Dutzend. Aber man muss eben Prioritäten setzen!

Denn ja, ich bin bekennender Leser – von echten Büchern. Nicht von E-Books, nicht von PDFs, nicht von blinkenden Bildschirmseiten. Sondern von richtigen, gedruckten Büchern. Mit Seiten, die man umblättern kann, mit diesem unvergleichlichen Duft, der jedem Bibliophilen das Herz höherschlagen lässt.

Ich will ein Buch, keinen Touchscreen

"Aber E-Books sind doch viel praktischer!", sagt meine Frau. Klar, wenn man auf die Idee kommt, Krieg und Frieden auf eine Wanderung mitzunehmen. Aber mal ehrlich: Wenn ich mich nach einem langen Tag mit einem Buch aufs Sofa werfe, dann will ich nicht versehentlich einen Touchscreen bedienen, der mich in eine Parallelwelt aus Pop-up-Menüs und Helligkeitseinstellungen katapultiert und sich anfühlt wie eine überteuerte Fernbedienung.

Mein Sohn Yascha sieht das übrigens genauso. Mit seinen neun Jahren besitzt er bereits die unheimliche Fähigkeit, jeden Buchladen im Umkreis auf den Meter genau zu orten. Und wehe, wir gehen daran vorbei, ohne wenigstens einmal hineinzuschauen! "Nur mal gucken", sagt er dann und ich falle jedes Mal darauf rein. Denn "nur mal gucken" endet zuverlässig damit, dass er ein Buch in der Hand hält, mich mit leuchtenden Augen ansieht und ich seufzend zur Kasse marschiere.

Natürlich könnte ich mich weigern. Rein theoretisch. Aber ich gebe nach. Immer. Und so wächst Yaschas Regal genauso schnell wie mein eigenes – und mein Geldbeutel wird entsprechend leichter.

Bücher brauchen keinen Akku

Aber es gibt wahrlich schlechtere Investitionen. Denn was gibt es Schöneres, als in eine Geschichte einzutauchen, in fremde Welten zu reisen, neue Perspektiven kennenzulernen? Bücher sind kleine Fluchten aus dem Alltag. Sie schenken Abenteuer, Wissen, Inspiration. Und anders als digitale Gadgets haben sie einen entscheidenden Vorteil: Sie brauchen keinen Akku.

Mein Blick wandert weiter – besorgt. Neben dem großen Bücherregal steht ein noch größeres CD-Regal. Und nun dürft ihr raten, welche Leidenschaft mein Sohn noch von mir geerbt hat.

Kommentare

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truk911 am So, 23.03.2025 - 10:39 Link

Schön und (fast) gut. Nach einem langen Leben quillt mein Bücherregal auch über - aber nun greife ich dankbar zum iPad, weil meine Augen müde geworden sind und auch der Platz in einer Ruhestandswohnung nicht mehr ausreicht und ich hin und wieder und auch zu oft in Wartezimmern viel Zeit verbringe.....
Ihre Meinung in Ehren, aber das ist mir schon zu überheblich.

Chiron am Fr, 14.03.2025 - 11:58 Link

In Zeiten der Wohnungsknappheit und des Klimawandels empfinde ich eine derart selbstsüchtige Klammerung an "das echte" Buch nicht nur gesellschaftsfeindlich, sondern auch menscheverachtend. Denn es grenzt all jene, die eben KEINEN Platz für Bücher haben, aus der Gemeinschaft der "echten Leser" aus. Ein Accu nimmt wenig Platz ein - sehr viel weniger als auch nur ein einziges Buch. Ich kann mein Tablet, mit dem ich lese, problemlos im Handgepäck haben, ohne mich deshalb abschleppen zu müssen - mit hunderten von Büchern. Ich kann damit überall lesen, ohne einen mobilen Bücherschrank dabei haben zu müssen - und ich kann das guten Gewissens tun in dem Bewusstsein, dass für MEIN Lesevergnügen kein einziger Baum sein Leben lassen musste.
"Mein Sohn denkt ebenso ..." oder "ich kenne viele anderfe, die ebenso wie ich ..." sind keine Argumente, sondern analoge Appelle an etwas, das in einem starren Denkmuster versucht, andere zur Zustimmung aufzufordern. Und das hat ebensoviel Wert wie die Ansicht von Leuten, die sagen, "Echte Leser sind nur die, die allein manuell kopierte Bücher lesen, weil in gedruckten Büchern die Mühen der Kopisten nicht zu spüren" seien.
Was ist denn ein Buch? Sind das die gebundenen Seiten, die sich umblättern lassen? Das können auch Analphabethen. Oder ist es der Inhalt - um den zu begreifen, braucht es nicht nur die Fähigkeit, zu lesen, sondern auch die, zu verstehen.
Wieso sollte es ein Unterschied sein, ob ich Worte von einem Display lese, oder von einer Buchseite? Wieso bin ich mit Büchern aus Papier, ein echter, aber mit einem Display KEIN echter Leser?

Nebenbei: Sie bringen am Ende die CD's ins Spiel - sind Ihrer Ansicht nach Leute, die mp3 hören, keine echten Musikgenießer, oder "braucht" es dazu, die CD, die man anfassen kann? Wieso dann nicht gleich Vinyl-Liebhaber sein und auf die Leute mit den CDs herabschauen - oder warum nicht Tape-Enthusiast sein, und Leute mit den Scheiben verachten - oder warum nicht behaupten, nur wer Musik life erlebt, wie sie von richtigen Menschen gespielt wird, darf sich Musikliebhaber nennen und alle anderen sind nur Konserven-Konsumenten?

Ich mag es nicht, wenn ich ausgegrenzt werden soll, nur weil ich konsequent bin, auf meine Umwelt Rücksicht nehme und Bücher als das behandle, das sie sind: konservierte Worte, deren Sinn es zu ergründen gilt.

Ich hab nichts gegen Bücher aus Papier - aber ich hab ganz entschieden was gegen Leute, die ihre eigene persönliche Vorstellung vom Dasein als "das ist richtig und alles andere ist falsch" betrachten und offensichtlich nicht mal in der Lage sind, das Thema hinreichend zu reflektieren.