Freilich lebt ein solches Stück, das im Titel den Namen seines Protagonisten trägt, von dessen Darsteller selbst. Thomas Hupfer, bereits bewährtes Gesicht auf der Freilichtbühne, meistert diese Rolle mit Bravour. Sein Luther wird in jungen Jahren als von Selbstzweifeln geprägter Jüngling dargestellt, der sich gegen den gewalttätigen Vater durchsetzt und Mönch wird. Später ist er ein leidenschaftlicher Vertreter der wortgetreuen Auslegung der Heiligen Schrift und riskiert dabei Kopf und Kragen.
Es ist kein übermächtig starker Luther, der das Schauspiel bewegt, sondern ein anschaulicher, verletzlicher, der erst dadurch stark wird, weil er seine Gedanken transparent formuliert und für seine Überzeugungen Kopf und Kragen riskiert. Schließlich verliert man als ketzerischer Mönch Mitte des 16. Jahrhunderts schnell mal den Kopf, wenn man sich gegen Kardinal und Papst stellt.
Kein reiner Held
Dass auch Friedrich, Kurfürst von Sachsen, mit dafür verantwortlich ist, dass es für den streitbaren Gottesmann letztlich glimpflich ausgegangen ist, wird in dem Stück ebenso wenig verschwiegen wie die eher dunklen Seiten, die man dem Reformator heute anlasten könnte. Wenn Luther eine flammende Rede gegen seinen einstigen Bewunderer Thomas Münzer hält und dazu aufruft, mit Gewalt gegen die aufständischen Bauern aufzutreten, dann wird Luther in seiner Reinheit fragwürdig. Und als in der letzten Szene ein Jüngling mit dem gealterten, mittlerweile vermählten Mönch eine theologische Diskussion über dessen Schriften rund um die Juden anstrebt, dann scheint Luther doch recht nachdenklich gegenüber seinem Werk und Wirken.
Immerhin hat Katharina von Bora das Schlusswort und sagt, er habe viel bewegt. Das mag angesichts der Spaltung der Kirche und dem, was in den folgenden Jahrhunderten an Ungemacht zwischen den beiden Konfessionen folgen sollte, wie ein Understatement klingen. Der Zuschauer jedenfalls verlässt den Spielort nach einer spannenden Geschichtsstunde auch mit einem leichten Grübeln. Bei allem Verdienst Luthers um die Bibelübersetzung ins Deutsche, seinem Einstehen für "sola fide" und "sola scriptura", haben wir es eben doch nicht mit einem wahren Helden zu tun, sondern mit einem durchaus selbstkritischen Menschen, der nichts Besseres sein möchte als diejenigen, die er kritisiert oder die ihm folgen.
Informationen zu den Kreuzgangspielen 2018
Im nächsten Jahr feiern die Kreuzgangspiele Feuchtwangen ihren 70. Geburtstag. Auf dem Spielplan steht unter anderem Goethes "Faust", mit dem 1948 im romanischen Kreuzgang des ehemaligen Benediktinerklosters die Geschichte eine der bedeutendsten Theaterfestspiele Deutschlands begann. Zudem werden "Wie im Himmel" und "Schneewittchen" gezeigt. Alle Informationen zur neuen Spielzeit 2018 und den Stücken gibt es auf der neu gestalteten Homepage www.kreuzgangspiele.de.