Der rechte Arm ist kerzengerade in die Höhe gestreckt, der Mund weit aufgerissen: "Nie wieder Krieg", lautet die Aufschrift des Plakats, das Käthe Kollwitz 1924 für die Sozialistische Arbeiterjugend entwarf. Der Demonstrationsaufruf, der in vielen deutschen Geschichtsbüchern zu finden ist, zählt zu den Motiven, die Käthe Kollwitz (1867-1945) zu einer der bekanntesten deutschen Künstlerinnen machen.

Kollwitz, deren Geburtstag sich am 8. Juli zum 150. Mal jährt, war eine Frau mit einer Botschaft. Sie selbst fasst es so in Worte: "Ich bin einverstanden, dass meine Kunst Zwecke hat. Ich will wirken in dieser Zeit, in der die Menschen so ratlos und hilfsbedürftig sind."

Trauer, Schmerz, Tod und Leid, aber auch die Beziehung zwischen Mutter und Kind sind zentrale Themen in ihrem Werk. Sie verarbeitete das, was sie erlebte: zwei Weltkriege, die Wirtschaftskrise in der Weimarer Republik, die Nazi-Herrschaft. Ihre Lithografien, Radierungen, Holzschnitte oder Zeichnungen sind meist in Schwarz-Weiß- oder Brauntönen gehalten. Die fehlende Farbigkeit reduziert den Ausdruck der Bilder auf das Wesentliche.

Peters Tod im Ersten Weltkrieg

Kollwitz gilt als herausragende Meisterin der Druckgrafik und der Zeichnung. Immer wieder hat sie sich selbst korrigiert und etliche Fassungen eines Drucks erstellt, bevor sie zufrieden war. Es ging ihr um jede Nuance in der Linienführung.

Das zeichnerische Talent der am 8. Juli 1867 in Königsberg als Käthe Schmidt geborenen Künstlerin wurde früh entdeckt. Ihr Vater förderte sie. Der Bauunternehmer hatte eigentlich Jura studiert, musste aber seine juristische Laufbahn wegen seiner Zugehörigkeit zur "Freien evangelischen Gemeinde" aufgeben.

Plakat »Nie wieder Krieg« von Käthe Kollwitz.
»Nie wieder Krieg«, lautet die Aufschrift des Plakats, das Käthe Kollwitz 1924 für die Sozialistische Arbeiterjugend entwarf.

Käthe Kollwitz beginnt ihre künstlerische Ausbildung in Königsberg und studiert von 1888 bis 1890 an der Münchner Künstlerinnenschule. Im Alter von 23 Jahren heiratet sie ihren Jugendfreund, den Arzt Karl Kollwitz. Das Paar zieht in den Norden Berlins, wo Karl Kollwitz im Bezirk Prenzlauer Berg eine Kassenarzt-Praxis führt. Hier erlebt die junge Frau das Elend der Arbeiterfamilien, das sie in zahlreichen Zeichnungen und Grafiken festhält.

Der künstlerische Durchbruch gelingt ihr mit dem druckgrafischen Zyklus "Der Weberaufstand". 1893 hatte sie die Uraufführung des Sozialdramas "Die Weber" von Gerhart Hauptmann gesehen und später notiert: "Diese Aufführung bedeutet einen Markstein in meiner Entwicklung." Vier Jahre arbeitet sie an der Serie, deren Ausdruckskraft und Qualität 1898 auf der "Großen Berliner Kunstausstellung" Aufmerksamkeit erregt. 1919 wird sie als erste Frau in die "Preußische Akademie der Künste" aufgenommen.

Ein tiefer Einschnitt war der Tod ihres jüngeren Sohnes Peter: Er wurde 1914 als Soldat im Ersten Weltkrieg getötet. Der 18-Jährige hatte sich freiwillig als Soldat gemeldet und war gegen den Willen des Vaters, aber mit Unterstützung der Mutter in den Krieg gezogen. Den Schmerz und die Gewissensbisse verarbeitet Kollwitz unter anderem in zahlreichen Selbstporträts.

Die Kollwitz-Doppelskulptur »Die trauernden Eltern« auf dem deutschen Soldatenfriedhof im belgischen Vladslo.
Die Kollwitz-Doppelskulptur »Die trauernden Eltern« auf dem deutschen Soldatenfriedhof im belgischen Vladslo.

Die Skulptur "Die trauernden Eltern" wird 1932 auf dem Soldatenfriedhof im belgischen Roggevelde aufgestellt und befindet sich heute auf dem deutschen Soldatenfriedhof Vladslo in Belgien, wo auch das Grab von Peter Kollwitz ist. Später folgte noch die Plastik "Mutter mit totem Sohn", die einer Pietà ähnelt. Eine vergrößerte Kopie steht in der "Neuen Wache" in Berlin.

Kollwitz wurde durch den Tod des Sohnes zur glühenden Pazifistin. Sie gehörte keiner Partei an, sah sich aber selbst als Sozialistin. Der Konflikt mit den Nationalsozialisten war programmiert. Nach der Machtergreifung Hitlers wurde sie gezwungen, aus der "Preußischen Akademie der Künste" auszutreten. Die Nazis diffamierten ihre Kunst als "entartet".

Wohnhaus von Kollwitz wird im Krieg zerstört

1943 wird Kollwitz Wohnhaus in der heutigen Kollwitzstraße bei Luftangriffen zerstört. Sie hatte Berlin zuvor verlassen. 1944 folgt sie einer Einladung Prinz Heinrichs von Sachsen, auf seinem Hof in Moritzburg zu wohnen. Dort stirbt sie wenige Tage vor Kriegsende am 22. April 1945.

Käthe Kollwitz Museum in Köln besitzt größte Sammlung

Das Käthe Kollwitz Museum in Köln, das heute über die weltweit größte Sammlung ihrer Werke verfügt, wurde von der Kreissparkasse Köln gegründet. Diese hatte 1983 Werke von den Erben gekauft und damit dafür gesorgt, dass das Konvolut nicht auseinandergerissen wurde. Das Berliner Käthe-Kollwitz-Museum wurde 1986 mithilfe der Stiftung eines Kunsthändlers gegründet. Zum 150. Geburtstag der Künstlerin gab es für das kleine Museum keine Geschenke. Im Gegenteil: Dem Haus, das in einem Gründerzeitgebäude in Charlottenburg untergekommen ist, wurde der Mietvertrag gekündigt.