Knapp 500 Menschen haben am Zukunftsforum der EKD teilgenommen. In einem Großgruppenchat haben sie ihre Ideen, Anregungen, ihre Kritik und Wünsche geäußert für eine Kirche der Zukunft.
Zu insgesamt sechs Themen konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Kommentare eintragen und die Antworten bewerten. Insgesamt gab es über 1.000 Kommentare und 36 konkrete Ideen von 490 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Die Tagung musste aus technischen Gründen frühzeitig abgebrochen werden. Aber: Wir haben die Ergebnisse gescannt - und stellen hier zwanzig Ideen und Anregungen vor:
- Verwaltung: Einen großen Bedarf sehen viele Teilnehmer in der Digitalisierung und Automatisierung von Verwaltung. Als Beispiel werden die Kollekte oder die Erfassung von Daten der Gemeindemitglieder genannt.
- Personal: Eine digitale Gemeinde benötigt auch eigenes digitales Personal. Es sei nicht eben getan, mit ein oder zwei Stunden eine "digitale Gemeinde" zu betreuen. Kirchliche Mitarbeiter sollten einen festen Bestandteil an Mitarbeitenden aufweisen, die sich im digitalen Raum bewegen.
- Mindset: Digitalität sollte als Teil der Realität und Wirklichkeit betrachtet werden. Es dürfe nicht mehr von einer Dialektik zwischen real und digital gesprochen werden. Digitale Kirche sei kein besonderer Raum, sondern vernetzt mit der Kirche vor Ort. Diese Chancen gelte es zu nutzen.
- Junge Erwachsene: In Gremien und Arbeitsgruppen sollten jüngere Personen aufgenommen werden. Viel zu oft diskutieren in der Kirche noch ältere Personen über digitale Themen. Sie kennen die Zielgruppe nicht und denken vorbei an den Menschen.
- Veranstaltungen: Alle Veranstaltungen kirchlicher Einrichtungen sollten so angelegt sein, dass sie zeitunabhängig, ortsunabhängig und skalierbar sind. Digitalisierung geht weit über den Einsatz einzelner Tools und Technologien hinaus. Vielmehr braucht es ein Umdenken der gesamten Organisation.
- Zielgruppen: Kirche sollte ihrer Zielgruppen kennen und auch erreichen. Kirchliche Einrichtungen sollten Tools an die Hand bekommen, die ihnen dabei helfen, die Kommunikation in die spezielle Zielgruppe zu fördern. Dazu gehören auch Themen wie Branding, Marke und Marketing.
- Technologie: Die Organisation sollte viel mehr auf Open-Source-Software zurückgreifen. Denn dieser Ansatz entspricht mehr den christlichen Werten: Selbstlosigkeit und gemeinschaftliches Arbeiten.
- Mut zu Fehlern: Kirchliche Mitarbeiter sollten eine Kultur des Lernens etablieren. Wenn etwas nicht funktioniert, soll es ersetzt, verbessert oder ausgetauscht werden - ohne dabei negative Gefühle zu bekommen.
- Leitung: Kirchliche Einrichtungen benötigen bessere Führungskräfte. Führen bedeutet, Entscheidungen treffen und Verantwortung zu übernehmen - bei der aber auch eine geistliche Aufgabe zu übernehmen ist. Derzeit habe die mittlere Ebene vor allem eine dienende Funktion für die Netzwerke der Basis. Hier müsse überlegt werden, wie die Leitung verbessert und Organisationsstrukturen verschlankt werden können.
- Freiräume: Für eine agile Kirche werden mehr Freiräume benötigt. Es gilt, mehr Erfahrungen zu sammeln mit einzelnen Projekten und Angeboten. Dafür sollte die Organisation auch Risikokapital zur Verfügung stellen - ohne Anspruch auf Erfolg. Auch wäre es wichtig, die Startup-Kultur mit ihren Methoden in die Organisation Kirche zu bringen.
- Agilität: Agile Teams haben ein enormes Potenzial für die Organisation Kirche. Sie zeichnen sich durch Vielfalt, Respekt, Toleranz und intrinsischer Motivation aus - und verfolgen eine gemeinsame sinnstiftende Vision. Solche Teamstrukturen könnten innerhalb der Organisation Kirche eingesetzt werden.
- Diversität: Insbesondere die Synodalstruktur ist veraltet. Die Mitglieder der Synoden sind zu alt, zu männlich, und zu viele Mitglieder befinden sich in Leitungsfunktionen. Der Kreis sollte erweitert werden mit anderen Berufsgruppen.
- Mut: Kirchliche Entscheidungen müssen häufig viele Gremien durchlaufen. Gremienentscheidungen verteilen die Verantwortung auf viele Schultern - und erleichtern später auch Kritik. Hier sollte die Bereitschaft gestärkt werden, Verantwortung und Risiko zu übernehmen.
- Lernende Organisation: Kirche benötigt auf allen Ebenen Feedbackverfahren und die Möglichkeit einer Rückmeldung. Menschen sollen sich an Entscheidungen beteiligen können.
- Nähe: Zum Kern von Kirche gehört es, Nähe herzustellen, Menschlichkeit, Zuwendung, Spiritualität - in Gemeinden ebenso wie bei übergemeindlichen Aufgaben. Es gehe darum, bei den Menschen zu sein, eine aufsuchende Funktion zu haben, im Gefängnis und bei der Aufdeckung sexueller Gewalt, in Ethikkomitees ebenso wie öffentlichen Adventsaktionen oder Problemen im Stadtteil.
- Kontaktpunkte: Neben den Gemeinden sollten auch übergemeindliche Einrichtungen gestärkt werden, wie etwa Kindergärten, Schulen, Jugendwerke, die Erwachsenenbildung, die Hochschulen, die Medienhäuser. Diese Einrichtungen bieten Berührungspunkte in die Gesellschaft.
- Kirchensteuer: Die Organisation muss darüber nachdenken, wie künftig mit dem Thema Kirchensteuer umgegangen werden soll - und mit einer möglichen Abschaffung der Kirchensteuer. Damit verbunden wäre eine Abschaffung des Berufsbeamtentums in der Kirche. Braucht es Marketing für die Kirchensteuer? Ist es ein Vereinsbetrag? Ist die Kultursteuer eine Alternative? Welche neuen Formen der Mitgliedschaft kann es geben?
- Immobilien: Kirche sollte nachdenken über den Umgang mit ihren Immobilien. Vielerorts gibt es Fördervereine für den Kirchbau oder den Erhalt von Kirchen. Auch sollte über die Nutzungsformen nachgedacht werden: Können kirchliche Gebäude stärker als Plattform für Begegnungen genutzt werden für den Beziehungsaufbau der Menschen vor Ort?
- Sprache: Kirchliche Mitarbeiter müssen lernen, anders über Kirche, Glaube, Religion zu sprechen - nämlich konkreter, gleichzeitig normaler und poetischer und weniger mit Formeln und Floskeln.
- Themen: Kirchliche Einrichtungen sollten die Themenvielfalt nicht vergessen. Ob Diakonie, Umwelt, Klimakrise, Geflüchtete, Kultur oder Minderheiten, die Vielfalt sollte nicht aus den Augen verloren werden.
Live-Blog zum Zukunftsforum der EKD
Was passiert beim EKD Zukunftsforum? Mehr als 500 TeilnehmerInnen haben mitdiskutiert bei der Tagung zum Thema #KircheistZukunft. In unserem Blog haben wir die Tagung begleitet - und die wichtigsten Stationen zusammengefasst. Wir bleiben dran an dem Thema - und informieren regelmäßig in unserem Sonntagsblatt-Newsletter, der über diesen Link abonniert werden kann.