Man muss es glasklar sagen: Die aktuelle Gewalt und Kriegsgefahr geht allein von der Hamas, vom islamischen Dschihad, von den Palästinensern aus. Keine Frage: Auch Israel hat Fehler im Umgang mit seiner arabischen Bevölkerung gemacht. Nur: Diese sind nicht die Ursache für den Raketenhagel aus Gaza. Genauso ist die gerichtsanhängige Frage nach Eigentumsrechten an Häusern im Jerusalemer Stadtviertel Scheich Dscharrah ein nur vorgeschobener Anlass für die Gewalt.

Wieder einmal wird sichtbar, was israelische Freunde manchmal sagen: Wenn die Hamas die Waffen niederlegt, wird am nächsten Tag Friede herrschen. Wenn Israel die Waffen niederlegt, wird es am nächsten Tag ausgelöscht sein.

In Israel herrscht Angst

Das ist das Dilemma, vor dem auch die Frage der "Besatzungspolitik" seit 1967 zu sehen ist. Sie hat in der israelischen Gesellschaft tiefe Spuren hinterlassen. Nichts wäre den meisten Israelis lieber, als in Frieden mit ihren Nachbarn zu leben. Aber Verhältnisse wie in Gaza auch in der Westbank? Wie soll gute Nachbarschaft funktionieren, wenn der Nachbar offen oder versteckt nur ein Ziel verfolgt: die Vernichtung Israels? Vor die Wahl zweier schlechter Möglichkeiten gestellt, wählt Israel seit Jahrzehnten eine schlechte, aber die weniger schlechte: die andauernde Besetzung der Gebiete westlich des Jordans.

Nun hat die Hamas vom Gazastreifen aus ihre Macht demonstriert: Israels Raketenschutzschild ist nicht undurchdringlich. Der Raketenterror funktioniert: In Israel herrscht Angst. Wird es als Nächstes das eigene Haus treffen, die eigene Familie?

Hass brennt schnell und verzehrend

Während Israels Luftwaffe bei den Vergeltungsschlägen auf Hamas-Ziele in Gaza vor der Bombardierung vorher noch anklopft, Bewohner von Häusern per Anruf oder SMS warnt und mit dem "Iron Dome" versucht, die eigene Bevölkerung zu schützen, verstecken sich die gewissenlosen Terror-Zyniker im Gaza-Streifen hinter internationalen Einrichtungen, in Schulen und Kindergärten, hinter Kindern und Familien.

Propagandistisch lassen sich die zivilen Todesopfer dann in perfider Täter-Opfer-Umkehr für die weltweite "Kindermörder Israel"-Propaganda einsetzen. Das uralte antisemitische Klischee des Kindermords wirkt bis auf deutsche Schulhöfe und gehört zum Treibstoff der teils gewalttätigen Demonstrationen auf den Straßen europäischer Großstädte in den letzten Tagen.

Noch ein zweites Ziel hat die Hamas erreicht: bürgerkriegsähnliche Zustände in gemischt arabisch-jüdischen Wohngebieten in Israel. Eine in Brand gesteckte Synagoge in Lod, an ihren arabischen Nachbarn Rache nehmende jüdische Extremisten – der aufkochende Hass scheint stärker als die blühende gute Nachbarschaft zwischen den Völkern, Kulturen und Religionen, die es in der Multikulti-Demokratie Israel an vielen Orten gibt. Für gute Nachbarschaft braucht es Zeit. Hass brennt schnell und verzehrend.

Linker und muslimischer Judenhass

Das gilt auch für unser Land. Szenen, wie sie sich vor deutschen Synagogen in den vergangenen Tagen abgespielt haben, sind eine bleibende Schande für Deutschland. Mir haben die Bilder von der Gelsenkirchener Synagoge Tränen der Wut und der Verzweiflung in die Augen getrieben: ein vielköpfiger Mob, der vor einem jüdischen Gotteshaus in Deutschland "Scheiß Juden, scheiß Juden" skandiert – Bilder aus dem Jahr 2021, nicht aus dem Jahr 1938. Damit kann und darf man sich nicht abfinden.

Es ist Zeit, mit der Lebenslüge Schluss zu machen, es gebe – was schrecklich genug ist – nur alten und neuen rechten Antisemitismus in unserem Land. In Gelsenkirchen und andernorts hat nach Einordnung des Bundesinnenministeriums eine Querfront von "antikolonialistischen" Linken und Islamisten ihr abstoßendes Haupt gezeigt. Auch bei neuem identitätspolitischen Antisemitismus (Stichwort Mbembe-Skandal und Israel-Boykott-Bewegung BDS) und nicht zuletzt beim Thema Antisemitismus durch zugewanderte oder schon lange hier lebende Muslime gilt es viel genauer hinzusehen als bisher. Und es müssen entschlossene Maßnahmen folgen.

Der deutsche Bundesaußenminister ist – mit Verzögerung, aber Gott sei Dank dann doch noch – zur Erkenntnis gekommen, dass die übliche gleichmachende Relativiererei fehl am Platz ist und dass Deutschland an der Seite Israels stehen muss, wenn es angegriffen wird und sich verteidigt.

Wer finanziert den Terror?

Auch hier darf es nicht bei warmen Worten bleiben. Woher kommen die Tausenden, technisch immer ausgefeilteren Raketen, die auf Israel hagelten und noch hageln werden? Zu dem, was jetzt passieren muss, gehört, sich die Finanzierung des Terrors anzusehen. Wie konnte die Hamas diese gewaltigen Arsenale anlegen, während die eigene Bevölkerung darbt?

Bei dieser Frage stehen das nicht zuletzt von Deutschland mit hohen Millionenbeträgen finanzierte UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA im Blick sowie das Mullah-Regime in Teheran, das die deutsche Politik mit einer Wiederbelebung des "Atomdeals" ökonomisch zu stärken beabsichtigt, aber auch andere, wie die Ausrichter der nächsten Fußball-WM in Katar, die nicht nur Fußball, sondern auch die Hamas mit Milliarden sponsern.

Welche Schlüsse jeweils zu ziehen wären? Das liegt auf der Hand: Schluss mit dem ­UNRWA-Sonderweg, keine Wiederbelebungsversuche des Iran-Deals, keine deutsche Teilnahme an der Katar-WM. Es ist Zeit, dass sich was dreht. Und es ließe sich etwas drehen – wenn man es nur wollte.