Man muss in diesen Tagen kein Verschwörungstheoretiker, Leugner oder "Schwurbler" sein, um sich zu fragen, ob die politischen Vorkehrungen im Umgang mit Corona immer mit Maß und Verstand getroffen werden. Auch als dreifach Geimpfter hinterfragt man, was die Allianz aus Ministerpräsidenten und Experten beschließt und wie sie auftritt: 2G mit oder ohne Plus (warum dürfen sich Ungeimpfte eigentlich nicht "gesund-testen"?), Quarantänewirrwarr oder das mittlerweile ad absurdum geführte Diktum von der "Pandemie der Ungeimpften" sind da nur einige Beispiele.

Menschen begegnen sich mit zunehmend aggressiver Arroganz und meinen zu wissen, was richtig oder falsch, angemessen oder überzogen ist. Oft werden Menschen alleine schon wegen ihrer Fragen ausgeschlossen. Es herrscht eine zunehmend gereizte gesellschaftliche Situation, in der die Stunde der christlichen Kirchen schlagen muss. Die haben nämlich in Jesus einen, der’s vorgemacht hat, wie Miteinander geht, auch wenn man unterschiedlicher Ansicht ist. "Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen", heißt passend dazu die Jahreslosung 2022.

Mehr Barmherzigkeit in der Impfdebatte

Innerhalb der bayerischen evangelischen Landeskirche werden Gott sei Dank meist die richtigen Töne angeschlagen: Der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm sprach sich für mehr Barmherzigkeit in der Impfdebatte aus. Der evangelische Schweinfurter Dekan Oliver Bruckmann hat sich unter dem Eindruck der "Spaziergänge" von Kritikern der Corona-Maßnahmen in seiner Stadt nicht dazu entschlossen, die Glocken seiner Kirchen wie bei Pegida-Kundgebungen zweckentfremdend läuten zu lassen, sondern zum Friedensgebet eingeladen.

Und doch bleibt es ein schwieriger Spagat, den die Kirchen derzeit meistern müssen. Als in der Adventszeit mancherorts das Impfteam neben dem Pfarrer in der Kirche wartete, es "Macht hoch den Ärmel" statt "Macht hoch die Tür" hieß und Ungeimpfte bei manchen Gottesdiensten draußen bleiben mussten, applaudierten die einen, während andere sich ausgegrenzt fühlten.

Die Kirchen dürfen nicht zu blind willfährigen Verbündeten der Politik werden.

Jesus hat sich nicht vorschreiben lassen, ob er ins Haus des Zöllners eintritt. Er hat 5000 satt gemacht, ohne Ansehen von Herkunft und Status. Er hat den Verbrecher neben ihm am Kreuz ins Paradies geladen.

Auch die Kirchen haben keine endgültigen Antworten auf den richtigen Umgang mit der Pandemie. Aber sie haben die bessere Methode, der Wahrheitsfindung auf die Spur zu kommen: Nächstenliebe.