Seit Wochen gehen in Schweinfurt am Sonntag Gegner der Corona-Maßnahmen auf die Straße – viele der Demonstranten reisen extra dafür auch aus anderen Bundesländern nach Unterfranken an, nicht immer bleibt es friedlich.

Am vergangenen Sonntag hat die evangelische Kirche erstmals öffentlich auf die selbsternannten "Spaziergänger" reagiert - mit einem Friedensgebet und Glockenläuten. Auch am kommenden Sonntag (9. Januar) wird um 18 Uhr wieder dazu in die St. Johanniskirche eingeladen, sagt der evangelische Schweinfurter Dekan Oliver Bruckmann dem Evangelischen Pressedienst.

Herr Bruckmann, wie haben Sie die als "Spaziergänge" getarnten Demos gegen die Corona-Maßnahmen in Schweinfurt erlebt?

Bruckmann: Ich muss ganz ehrlich zugeben, dass diese "Spaziergänge" oder Demos auf mich von Anfang an eher den Eindruck von Aufmärschen gemacht haben - auf jeden Fall hatten sie eine ganz bewusst gewählte beängstigende und bedrohliche Wirkung. Wir haben als evangelische Kirche in der Stadt das Geschehen drei Mal beobachtet und miterlebt, welch menschenverachtende Parolen dort teilweise geäußert wurden. Das wollten wir kein weiteres Mal unkommentiert lassen.

Warum haben Sie nicht einfach die Glocken läuten lassen - das hat ja auch schon so manche Neonazi-Demonstration in der Vergangenheit aufgelöst?

Bruckmann: Weil die Demonstranten eben nicht nur Neonazis sind - da ist eine wirklich erstaunlich heterogene Menschenmenge unterwegs: Bislang unbescholtene Impfskeptiker ebenso wie eindeutig Rechtsextreme. Wenn sie solch einen vielschichtigen Protestzug mit Glockengeläut übertönen wollen, verlieren sie schnell die Deutungshoheit – am Ende wird das Läuten der Glocken womöglich noch als Zustimmung für diesen Protest empfunden. Dieser Gefahr wollten wir uns nicht aussetzen.

Also haben Sie in die St. Johanniskirche zu einem Friedensgebet eingeladen und dazu die Glocken geläutet...

Bruckmann: ...genau. Wir haben zum Friedensgebet eingeladen, weil wir für den gesellschaftlichen Frieden in unserer Stadt und in unserem Land gebetet haben. Rund 200 Leute sind unter 2G-Regel zu uns gekommen und haben ein Zeichen gesetzt. Das werden wir auch an diesem Sonntag wieder tun. Und an jedem weiteren Sonntag, so lange selbst ernannte "Spaziergänger" Unfrieden säen wollen. Wir sind der Überzeugung: Die Pandemie beenden wir nur im Miteinander, nicht im Gegeneinander.