Der 30-jährige Israeli liebt es, vor der Kamera zu stehen und sein Publikum zu unterhalten: "Was von Israel in Deutschland präsent ist, ist nur Krieg und Konflikt und wenn ich dazu beitragen könnte, dass Menschen das Land Israel oder zumindest die Israelis und unsere Kultur anders sehen, wäre das doch gut." Und genau das will er mit seinen Videoblogs erreichen. Er informiert über die neusten israelischen Filme und Serien, gibt Tipps, wie man am schnellsten Hebräisch lernt und erzählt, warum Israelis so gerne Hummus essen. 

"Die Israelis sind wie eine Kaktusfrucht, von außen sind wir aggressiv, von innen weich."

Mit Humor und Chuzpe beschreibt er Deutsche und Israelis. Und dabei ist sein Nachname Programm. Seine Internetseite heißt einfach "GanzErlich". In seinen Videoblogs spricht er unter anderem von den typisch deutschen Eigenschaften, die er so liebt: die Pünktlichkeit und die Höflichkeit. Und dass das so gar keine israelischen Eigenschaften sind, vor allem die Höflichkeit: "In Israel kommt dir ein Mensch entgegen und kann total blöd zu dir sein, einfach so, weil er will. Das befreit die Menschen, sie sind frei, sie sind glücklicher, aber es gibt immer Gegenwind ."

Das Leben in München findet der Blogger aus Tel Aviv wesentlich einfacher und weniger anstrengend. Er liebt die bayerische Gemütlichkeit. Einfach zusammen zu sitzen und "über nichts zu sprechen." Am liebsten im Biergarten. Asaf versäumt kein bayerisches Fest und ganz besonders liebt er die Wiesn. Selbstverständlich geht er in Tracht dorthin, gerade, weil Tracht zu tragen, den Juden in der Nazizeit verboten war.

Asaf Erlich auf dem Oktoberfest
Asaf Erlich geht gerne in Tracht auf das Oktoberfest

Sein Großvater war im KZ Buchenwald. Die Familie stammte aus Ostpreußen und Polen. "Ich habe die Geschichte meines Großvaters erst in Deutschland entdeckt. Mein Vater wusste nicht viel." Denn wie in so vielen Familien von Holocaust-Überlebenden wurde darüber nicht gesprochen. Erst in Deutschland erfuhr Asaf mehr. Er forschte im Archiv der KZ-Gedenkstätte Buchenwald und schrieb die Geschichte auf. Das war sein erster Blog.

Deutsch lernte er mit Hilfe von Holocaustfilmen.

Asafs Vater war zuerst nicht begeistert, als er hörte, dass sein Sohn das Jobangebot als Bundesfreiwilliger in der Lutherstadt Wittenberg annehmen würde. Doch Asaf hatte Lust darauf, obwohl er damals noch nicht besonders gut Deutsch konnte. Um das zu ändern, beschloss er, deutschsprachige Filme anzuschauen. Doch leider beschränkte sich das Angebot in Israel nur auf Kriegs- oder Holocaustfilme: "Und so habe ich habe den Film 'Der Untergang' einen Monat lang jeden Tag zweimal angesehen, bis sich meine Ohren an die Sprache gewöhnt haben. Aber das war furchtbar." Doch es hat funktioniert.

Asaf spricht inzwischen fließend Deutsch, nur sein melodischer Akzent erinnert an das Hebräische. Wie die meisten Israelis beherrscht er mehrere Sprachen: neben Hebräisch, Englisch, Deutsch und Französisch auch ein bisschen Russisch und gerade fängt er an, Chinesisch zu lernen. Aus Erfahrung gibt er gern effektive Tipps weiter, wie man am besten Hebräisch lernt. Und weist darauf hin, dass es viele hebräische und jiddische Wörter in der deutschen Sprache gibt und auch nicht wenig deutsche Wörter im Hebräischen. "Wir sagen Mischmasch, wenn etwas durcheinander ist, das ist doch lustig."

Über die hebräische Sprache redet Asaf sehr gerne. Denn das ist nicht politisch. Von Politik will er nichts mehr wissen, obwohl oder gerade weil er Politologie studiert hat. Er hasst es, wenn er, nur weil er Israeli ist, mit Netanjahu und der israelischen Politik gleichgesetzt wird: "Wenn ihr mich mit der israelischen Politik verbindet, nur weil ich Jude bin, ist das Antisemitismus." Das passiert ihm immer wieder und manchmal hat er schon gar keine Lust mehr zu erzählen, woher er kommt.  

"Alles zu politisieren macht Menschen zu Feinden"

Doch wenn er dann im Sprachkurs syrischen Flüchtlingen oder Palästinensern begegnet, kann er seine Herkunft nicht lange verheimlichen. Trotzdem gab es nie Probleme. Asaf sieht immer den Menschen. Selbst wenn er sich in Ostdeutschland rechtsradikale Thesen anhören muss oder auch hier in München Vorurteile über Juden und Israel. Zum Beispiel, dass Deutschland nach Israel Waffen umsonst liefert, oder dass die Juden Deutschland zwingen, Israel finanziell zu unterstützen. Asaf erklärt seinen Gesprächspartnern dann schon auch mal, dass deutsche Juden oft gar nicht so sehr mit dem Land Israel verbunden sind. Über all das will Asaf gerne reden und informieren, doch er will nicht für etwas kämpfen. "Ich mache Entertainment, ich will, dass die Leute Spaß haben."

Asaf am Mikrofon
Asaf Erlich möchte die Menschen unterhalten. Kultur, Filme, Sprache und jüdische Feste sind seine Themen. Über Politik spricht er nicht mehr.

Der Israeli hat in München eine neue Heimat gefunden und möchte gerne bleiben. Auch weil er hier seine große Liebe gefunden hat. Zur Zeit arbeitet er als Mediengestalter in einem großen Münchner Unternehmen. Wöchentlich veröffentlicht er Neues auf seinem Vlog www.ganzerlich.com. Außerdem ist er regelmäßig in Kirche am Sonntag auf Antenne Bayern zu hören. Dort und auf sonntagblatt.de erzählt er von jüdischen Festen und äußert sich zu aktuellen deutsch-israelischenThemen.