Singen als "schöner Ausgleich zur Schule"

An Weihnachtsliedern kann sich Nelli Lunkenheimer gar nicht satt hören - egal, ob "O du fröhliche", "Joy To The World" oder das Weihnachtsoratorium.

Noch lieber singt sie die Stücke selbst, zum Beispiel im Chor ihrer Schule, des Melanchthon-Gymnasiums in Nürnberg. "Ich habe schon immer gesungen, schon im Kindergarten", erinnert sich die 17-Jährige.

"Es ist ein schöner Ausgleich zur Schule, ich kann da gut abschalten. Und die Gemeinschaft gefällt mir. Manchmal singen wir die Lieder noch nach der Probe zusammen im Treppenhaus."

Das Nürnberger Christkind - volle Termine

Die Aufregung im Chor war nach den Herbstferien groß, denn "ihre" Nelli wurde zum Nürnberger Christkind gewählt.

"Dadurch, dass wir auch Weihnachtslieder singen und das Christkind das Symbol für Weihnachten ist, ist es noch mal magischer", erzählt Nellis Chorfreundin Lena Förtsch.

In den nächsten Wochen stehen für das Christkind mehr als 100 Termine an, zum Beispiel Besuche in Kindergärten oder Senioreneinrichtungen.

"Ich freue mich darauf, mit den Menschen in Kontakt zu treten und die Stimmung der Weihnacht zu verbreiten", sagt die 17-Jährige.

Am 1. Dezember wird Nelli im weiß-goldenen Ornat mit blonder Lockenpracht und Krone vom Balkon der Frauenkirche aus den traditionellen Christkindlesmarkt eröffnen.

Dann spricht sie den 1948 entstandenen Prolog, der mit den Worten endet:

"Das Christkind lädt zu seinem Markte ein, und wer da kommt, der soll willkommen sein."

Die Geschichte des Christkindlmarkts

Vor 75 Jahren fand der erste Christkindlesmarkt nach dem Krieg statt. Extra dafür schrieb der Dramaturg Friedrich Bröger, Sohn des Nürnberger Dichters Karl Bröger, einen neuen Prolog-Text, frei von NS-Ideologie.

Denn die Tradition, dass das Christkind höchstselbst - zunächst verkörpert durch eine Schauspielerin - den Markt eröffnet, stammt aus der Zeit der Nationalsozialisten.

Ab 1933 sollte das Image der Reichsparteitagsstadt Nürnberg als "des Deutschen Reiches Schatzkästlein" aufpoliert werden, wie der Christkindlesmarkt auf seiner Homepage erklärt. Für diese Propagandazwecke wurden der historische Markt und die Frauenkirche missbraucht.

Woher kommt der Name "Kindelmarkt"?

Die erste Erwähnung des "Kindles-Marck" findet sich schon 1628, im 18. Jahrhundert waren fast alle Nürnberger Handwerker in der Budenstadt vertreten. Seit mehr als 200 Jahren gehören Rauschgoldengel, Lebkuchen und Zwetschgenmännle zu den Markenzeichen des Weihnachtsmarktes.

Vom Jahr 1969 an wird das Christkind immer von einer Nürnbergerin zwischen 16 und 19 Jahren verkörpert, die von den Bürgern mitgewählt wird und das warme Gefühl und die Feierlichkeit der Weihnachtstradition repräsentieren soll.

"Viele schöne Kindheitserinnerungen"

Eine große Vorliebe für die Weihnachtszeit hatte das diesjährige Christkind schon von klein auf, erzählt ihre Schulfreundin Julia Gresche. "Deshalb konnten wir uns das bei ihr richtig gut vorstellen." Viele schöne Erinnerungen verbindet Nelli Lunkenheimer selbst mit dem Christkind:

"Ich bin mit ihm Karussell gefahren, habe im Sternenhaus Geschichten vorgelesen bekommen. Auch damals war bei mir der Wunsch schon da, einmal selbst das Christkind sein zu dürfen."

Mit 17 Jahren auf einmal bekanntes Gesicht

Bei der Neuwahl in dieser Saison hatte die 17-Jährige das richtige Alter und hat es gewagt. "Tatsächlich habe ich mich erst mal ganz für mich beworben. Ich habe auch meinen Eltern gar nichts gesagt."

Als sie dann zusammen mit elf anderen Mädchen für das Zeitungsvoting ausgewählt wurde, holte sie sich die Unterstützung von Familie, Freunden und ihrer Schule. Am Ende wurde sie von einer Jury aus den sechs verbliebenen Kandidatinnen gewählt. Seitdem bekommt die Schülerin viele positive Rückmeldungen, wie sie erzählt:

"Ich wurde auch schon im Café erkannt, das ist total surreal. Aber ich freue mich, diese Ehre übernehmen zu dürfen."

Voller Terminkalender - dennoch: Heiligabend steht im Zeichen der Familie

An Heiligabend sind die Pflichten des Christkinds getan. Dann kann Nelli Lunkenheimer in Ruhe mit ihrer Familie feiern. "Wir gehen jedes Jahr in die Kirche und mein Vater liest zu Hause die Weihnachtsgeschichte vor. Wir sind auch sehr musikalisch, deshalb spielen wir immer Klavier und singen Weihnachtslieder."

Zwei Jahre dauert die Amtszeit des Christkinds. "Ich wünsche ihr, dass sie in dieser Zeit ganz viel Spaß hat, weiterhin das macht, was sie machen will und dass sie so authentisch bleibt, wie sie ist", gibt Freundin Juli Jäkel mit auf den Weg.

"Ich hoffe, sie hat nicht zu viel Stress und dass sie viele gute Erinnerungen an diese Zeit behält", fügt Julia Gresche hinzu.

Anfragen für einen gemeinsamen Weihnachtsmarktbesuch haben die Mädchen an ihre Freundin schon gestellt. Dafür bleibt auch beim engen Terminplan des Christkinds noch Zeit.

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