sonntagsblatt.de: Herr Pfarrer Zeitler, was halten Sie von der Idee einer Weltflagge?

Thomas Zeitler: Ich bin eigentlich kein großer Fan von Flaggen und anderen Nationalsymbolen, aber grundsätzlich ist die Idee einer Weltflagge sympathisch. Auf einer großen Demonstration habe ich neulich zum ersten Mal eine der frühen Erdflaggen gesehen mit einem Foto des Planeten Erde. Das fand‘ ich gut, weil das Bild den Blickwinkel verändert und uns als Weltgemeinschaft zeigt. Das hat etwas Einigendes.   

Damit eine Weltflagge Erfolg hat, braucht sie allerdings eine politische Unterfütterung: Eine organisierte Bewegung von Menschen, die sich mit dem Gedanken der Einen Welt identifizieren und ihn leben können – und das auch nach außen mit einer Flagge zeigen.

 

Pfarrer Thomas Zeitler
Pfarrer Thomas Zeitler vom Lorenzer Laden (LoLa) in Nürnberg

Wie meinen Sie das?

Zeitler: Hinter der Regenbogen-Flagge beispielsweise steckt eine starke politische Bewegung. Lesben und Schwule schwenken sie auf Demonstrationen überall auf der Welt, befestigen sie an Häuserwänden oder an anderen öffentlichen Orten. Die LGBTQI-Gemeinschaft hat die Flagge mit den vielen Farben so zu einem Symbol für die Pluralität der Gesellschaft, Toleranz und ein friedliches Zusammenleben gemacht. Ist eine soziale Initiative erfolgreich, wird auch ihre Flagge sichtbar.

Es gab schon mehrere Versuche, eine Weltflagge zu etablieren. Warum ist das Ihrer Meinung nach bisher nicht geglückt?

Zeitler: Ich glaube, wir haben noch nicht das Bewusstsein dafür entwickelt, dass wir eine Weltgemeinschaft sind und vor gemeinsamen Aufgaben stehen wie dem Kampf gegen den Klimawandel. Außerdem stellt sich ohne politischen Kontext die Frage: Zu welchem Anlass bräuchten wir eine Weltflagge? Wann und wo würden wir sie hissen?