Der promovierte Jurist, der neben Rechts- auch Wirtschaftswissenschaften studiert hatte, hatte 1984 als Bundesminister für besondere Aufgaben erstmals ein Regierungsamt übernommen. Als Bundesinnenminister verhandelte er 1990 maßgeblich die Staatsverträge zur deutschen Vereinigung.

In den 90er Jahren war er als Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag eine wichtige Stütze für Kanzler Helmut Kohl, doch nach der Wahlniederlage der Unionsparteien 1998 kam es zum Bruch. Im Zug der CDU-Spendenaffäre gab Schäuble nach nicht einmal anderthalb Jahren im Februar 2000 den Parteivorsitz auf und zog sich auch von der Spitze der Fraktion zurück. Er hatte zuvor eingeräumt, 1994 eine Barspende in Höhe von 100.000 DM vom Waffenhändler Karlheinz Schreiber entgegengenommen zu haben.

2005 berief Angela Merkel Schäuble erneut zum Bundesinnenminister, 2009 wechselt er ins Finanzressort. In der zurückliegenden Wahlperiode von 2017 bis 2021 war Schäuble Bundestagspräsident.

Schäuble war der dienstälteste Abgeordnete der deutschen Parlamentsgeschichte seit 1871. Im November 1972 war der gebürtige Freiburger im Wahlkreis Offenburg erstmals in den Bundestag gewählt worden. Seit fast 50 Jahren hatte er ohne Unterbrechung das dortige Direktmandat inne.

Seit mehr als 30 Jahren war der evangelische Christ Schäuble vom dritten Brustwirbel abwärts gelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen, nachdem am 12. Oktober 1990 ein psychisch kranker Attentäter bei einer Wahlkampfveranstaltung in Oppenau nahe Offenburg auf ihn geschossen hatte. Schäuble war seit 1969 mit seiner Frau Ingeborg verheiratet und hatte vier Kinder.

Buch "Protestantismus und Politik"

In seinem Buch "Protestantismus und Politik" im Claudius Verlag zeigte Schäuble sein Interesse für eine Kirche, die auch politisch agieren sollte. "Manchmal entsteht der Eindruck", schrieb er darin, "es gehe in der Evangelischen Kirche primär um Politik, als seien politische Überzeugungen ein festeres Band als der gemeinsame Glaube".

Die Politisierung der Religion untergrabe die spirituelle Basis der Kirche, "aus der doch ihre Strahl- und Überzeugungskraft erwächst".  Damals sah der  bekennende Protestant Schäuble den Protestantismus vor einer ungewissen Zukunft stehen:  "Sinkende Mitgliederzahlen und zunehmende Überalterung zeugen von einem Akzeptanzdefizit der evangelischen Landeskirchen", stellteer fest. Er befürchte, dass damit auch das politische Gewicht der Kirchen abnehmen wird.

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