Decke und Napf liegen immer bereit unter dem Fenster ihres Büros. Dort hat sich "Ringo" in den vergangenen Wochen schon recht gut eingelebt, wie auch in der Dekaninnen-Wohnung darüber in dem altehrwürdigen Gebäude am St. Mang-Platz in Kempten. Von hier aus blickt Dorothee Löser direkt auf einen Brunnen, der die vier Jahreszeiten repräsentieren soll und der pünktlich zu Ostern, als die 52-Jährige mit ihren Koffern hierherkam, wieder kühles Nass verspritzte. Die St. Mang-Kirche, in der schon 1523 evangelisch gepredigt wurde, thront über dem Platz. Von dort sind es nur wenige Meter an die Iller, mit dem Auto ist man in fünf Minuten in unberührter Natur, wie man sich das Allgäu vorstellt.

Ein Traum für den Labrador, ebenso wie für seine Besitzerin. Für diese nicht nur aus landschaftlicher Sicht, sondern auch aus beruflicher. "Ich bin nicht nur Verwaltungsmensch, sondern vor allem Gestalterin", sagt die neue Dekanin. Das muss jemand, der 23 Kirchengemeinden mit rund 55.000 Protestantinnen und Protestanten in der evangelischen Diaspora zwischen Lech und Bodensee in einem der flächenmäßig größten evangelischen Dekanate in Bayern unter einen Hut bringen will, auch sein. Und gerne machen. Das trifft auf Dorothee Löser voll zu. Denn sie hat auch hart für ihren Beruf gekämpft.

Von Stuttgart über München nach Kempten

Als gebürtige Stuttgarterin gehörte sie der württembergischen evangelischen Landeskirche an. Das Theologiestudium, welches sie nach Tübingen und Heidelberg führte, schloss sie 2001 ab und kam – auch der Liebe wegen – frisch verheiratet nach Eching bei München als Gastvikarin. Von dort aus ging es noch einmal nach Baden-Württemberg nach Heidenheim an der Brenz in eine Gemeinde und den Schuldienst, bevor sie ab 2007 in Freising Pfarrerin und auch stellvertretende Dekanin wurde.

"Eine wertvolle Zeit, in der ich nahe bei den Menschen war, aber auch die Verwaltung kennen lernte und mich unter anderem in Konfliktmanagement schulte", erinnert sie sich an die 14 Jahre in Freising, in denen sie auch viele Personalangelegenheiten unter anderem in Kindergärten zu stemmen hatte. Dort habe sie gelernt, dass vieles viel leichter falle, wenn man im Team zusammenarbeitet. "Es können nicht alle Aufgaben in einer Leitungsperson gebündelt sein. Mir liegt sehr daran, für die ganz unterschiedlichen Aufgaben Menschen mit ihren spezifischen Fähigkeiten zu gewinnen."

Ihr gutes Händchen fiel spätestens 2021 im Landeskirchenamt in München auf, wo in der Abteilung F für Personalangelegenheiten eine geeignete Person gesucht wurde. Drei Jahre lang lernte Dorothee Löser dort noch einmal ihre Kirche ganz genau von innen kennen, war in ganz Bayern unterwegs, knüpfte Kontakte und erweiterte ihren Erfahrungsschatz. Als dann ihr Vorgänger Dekan Jörg Dittmar nach 15 Jahren Kempten in Richtung Bad Windsheim verließ und die Dekansstelle vakant wurde, warf sie ihren Hut einfach mal in den Ring. "Ich wollte noch einmal was anderes machen, wieder näher an den Menschen sein", erklärt sie.

Traumstelle im Allgäu gefunden

In Kempten habe sie nun ihre Traumstelle gefunden. Als gebürtige Stuttgarterin und Schwäbin liege ihr die Mentalität hier im Allgäu. "Mir sind hier schon so viele Menschen mit einem großen Herzen für die Kirche begegnet", freut sie sich, "ich bin sehr gespannt darauf, die Menschen hier näher kennenzulernen." In ihrer Region leben einerseits viele von Geburt an hier verwurzelte Menschen, andererseits aber auch solche, die das Allgäu im Urlaub kennen gelernt haben – und geblieben sind. Für all diese Menschen möchte sie sich einsetzen.

In erster Linie sei sie in ihrem flächenmäßig großen Dekanat freilich weniger für das einzelne Gemeindemitglied, sondern für die haupt-, neben- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden zuständig.  "Bei Problemen, neuen Herausforderungen, Lösungssuchen, Change-Prozessen, und vielem mehr", meint Löser. Rund 100 Vollzeitstellen gibt es laut Referentin Michaela Kugler in den vier Bezirken Lindau-Westallgäu, Kaufbeuren-Ostallgäu, Oberallgäu und Kempten, vom Pfarrpersonal über die kirchlichen Religionslehrkräfte bis hin zu den Kirchenmusikern. "Wenn ich in einem Jahr in jedem Kirchenvorstand mal vorstellig geworden bin, war ich gut", lacht Löser. Und dann sind da noch die 14 Prozent Stellenanteil als Pfarrerin in St. Mang. "Ich halte also dort regelmäßig Gottesdienste", verspricht sie. 

Und Ringo? Für den sucht die neue Dekanin jetzt Kontakte in einem Gassigeher-Netzwerk, wie sie dies auch in Freising hatte. Zum Glück versteht er sich gut mit dem Nachbarshund. Aber nicht zuletzt sei der Labrador für die viel beschäftigte und engagierte Frau auch "die beste Burnout-Prophylaxe, die man sich vorstellen kann."

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