Opfer des Münchner Oktoberfest-Attentats von 1980 können ab sofort Anträge für eine sogenannte Solidarleistung stellen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) teilte mit, dass den bislang namentlich bekannten Betroffenen ein Informationsschreiben sowie die Antragsformulare übersandt würden. "Hierbei hat für uns höchste Priorität, dass die Antragstellung so unbürokratisch wie möglich erfolgen kann und die Überlebenden möglichst nicht erneut traumatisiert werden", betonte der Oberbürgermeister.
"Mir ist bewusst, welche tiefen Spuren dieser Anschlag bei all jenen hinterlassen hat, die vor 40 Jahren selbst schwer verletzt und traumatisiert wurden oder einen geliebten Menschen verloren haben", sagte Reiter weiter. Viel zu lange seien die Betroffenen mit den Folgen des Anschlags alleingelassen worden. "Dafür möchte ich mich, im Namen der Landeshaupt München, ganz ausdrücklich entschuldigen."
Auch wenn diese Solidarleistung das Leid nicht ungeschehen machen und den Verlust nicht ersetzen könne, so soll sie dennoch ein "nachträgliches und überfälliges Zeichen der Anteilnahme und Anerkennung sein", sagte Reiter. Die bayerische Sozialministerin Carolina Trautner (CSU) sagte zu dem 1,2 Millionen Euro umfassenden Fonds: "Wir setzen damit ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und stellen uns an die Seite der Betroffenen, denen unsere Solidarität und unser Mitgefühl gilt."
Am 26. September 1980 hatte ein Rechtsextremer auf dem Münchner Oktoberfest eine Bombe gezündet. 13 Menschen starben, 221 wurden verletzt. Jahrzehntelang galt der Anschlag als Verbrechen eines verwirrten Einzeltäters. Erst in diesem Jahr stufte die Generalbundesanwaltschaft den Bombenanschlag als rechtsextremistische Tat ein. Die Bundesrepublik, der Freistaat Bayern und die Landeshauptstadt München einigten sich daraufhin auf einen gemeinsamen Fonds für die Opfer.
Hintergrund zum Entschädigungsfonds
Die Bundesregierung plante für einen gemeinsamen Entschädigungsfonds für die Opfer des Oktoberfestattentats von 1980 500.000 Euro im Haushaltsentwurf für 2021 ein, die Staatsregierung hatte ihre Beteiligung mit 500.000 Euro beschlossen, wie das bayerische Sozialministerium sowie das Bundesjustizministerium gemeinsam mitteilten. München will sich mit 200.000 Euro an dem Fonds beteiligen, der Stadtrat muss aber noch zustimmen.
Oktoberfestattentat 1980
Die bayerische Sozialministerin Carolina Trautner (CSU) sagte, der Anschlag auf das Oktoberfest habe viel Leid verursacht - Leid, das das Leben vieler Betroffener auch 40 Jahre später "noch immer seelisch und körperlich prägt". Man setze mit dem Fonds "ein Zeichen gegen Rechtsextremismus".
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte, das "schrecklichste rechtsextremistische Attentat" sei ein "tiefer Einschnitt" in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Das Leid der Opfer und auch der Angehörigen sei durch die lange fehlende Einordnung als rechtsextremistische Tat noch verstärkt worden, betonte sie.
Aufmerksamkeit und Unterstützung für die Betroffenen
Auch Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) begrüßte den Fonds. Die Überlebenden des Attentats nicht alleine zu lassen sei und bleibe der Anspruch der Landeshauptstadt. Der Fonds zeige, wenn auch viel zu spät, dass Bund, Freistaat und Stadt willens sind, den Betroffenen die Aufmerksamkeit und die Unterstützung zu geben, "die sie längst verdient haben", betonte Reiter.
Die Stadt München hatte die Opfer in den Jahren 1981 und 1982 bereits mit einer Zahlung von einer Million D-Mark entschädigt und 2018 einen Opferfonds von 50.000 Euro aufgelegt, der 2019 um weitere 50.000 Euro aufgestockt wurde.
Fonds komme "sehr spät"
Der Beauftragte der Bundesregierung für Terroropfer, der SPD-Bundestagsabgeordnete Edgar Franke, sagte, man dürfe die Opfer terroristischer Taten "nie alleinlassen". Der Fonds für die Betroffenen des Oktoberfest-Attentates komme "sehr spät", umso wichtiger sei er allerdings.
"Auch lange nach den Taten müssen wir als Staat für die Betroffenen da sein."
In der Unterstützung und bei der Betreuung von Terroropfern habe man "aus der Vergangenheit vieles gelernt". Bund und Länder hätten die Unterstützung von Terroropfern ausgebaut, zuletzt etwa mit flächendeckenden Trauma-Ambulanzen.
Dokumentation wird bei Gedenkveranstaltung eröffnet
Genau 40 Jahre nach dem Attentat auf das Oktoberfest soll am 26. September auch eine Dokumentation zu dem Terroranschlag eröffnet werden. Der "Informationsort" sei mit Überlebenden des schwersten rechtsterroristischen Anschlags in der deutschen Nachkriegsgeschichte entwickelt worden.
Besucher der Theresienwiese sollen sich am Eingang über die Geschehnisse des 26. Septembers 1980 informieren und die Tragweite des Attentats aus Sicht der Überlebenden erfahren können.
Zur Gedenkveranstaltung am 26. September ab 10 Uhr soll auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kommen.
Oktoberfest-Attentat: Anschlag aus rechtsextremen Motiven
Das Bundesjustizministerium hatte diesen Juli eine Entschädigung der Opfer angekündigt. Hauptgrund dafür sei die nachträgliche Einstufung als rechtsextremistische Tat durch den Generalbundesanwalt. Beim Anschlag auf das Oktoberfest hatte der Attentäter Gundolf Köhler aus rechtsextremistischer Motivation heraus gehandelt.
Er hatte am Abend des 26. September 1980 eine Bombe am Haupteingang zum Münchner Oktoberfest gezündet. 13 Menschen wurden getötet, unter ihnen auch der Attentäter. Mehr als 221 Personen wurden teils schwer verletzt.