Sie sind Feinschmecker: Gelbklee, Labkraut, Wilde Möhre und Wiesensalbei, vor allem aber Bockshornklee stehen auf dem Speiseplan der Regenwürmer. "Die lieben aromatische Gewürzkräuter", so beschrieb es Bio-Landwirt Josef Braun aus Freising dem Autor Florian Schwinn. Braun füttert seine Würmer mit Bedacht: Er weiß, dass er ihnen den Humus auf seinen Äckern verdankt. Denn durch die Verdauung von organischem Material produzieren die Würmer den nährstoffreichen Bodenbestandteil.

"Humusoffensive" hat Florian Schwinn ein Kapitel in seinem Buch "Rettet den Boden" genannt, das im Frühjahr erschienen ist. Humus macht nicht nur den Boden fruchtbarer, er speichert auch CO2. Rundfunkjournalist Schwinn ist mit Josef Braun und anderen Biobauern über deren Felder gegangen, um sich ein Bild davon zu machen, wie es um unsere Böden bestellt ist und wie sie zu retten sind. "Regenerative Landwirtschaft" und "Humusaufbau" sind dabei wichtige Stichworte.

Was ist überhaupt der Boden, aus dem unsere Nahrung sprießt? Ein Lebensraum nicht nur für Regenwürmer, die die obersten Schichten besiedeln: Sie ziehen die aufliegende, verrottende Pflanzenstreu in ihre Röhren hinab, um sie dort zu verdauen und "Wurmhumus" zu hinterlassen. Unter ihnen siedelt die "Mesofauna" mit Milben, Weißwürmern und Springschwänzen, noch tiefer leben die Räder-, Wimper- und Geißeltierchen der "Mikrofauna" und darunter dann Algen, Pilze und Bakterien.

Was dem Boden nicht guttut

Sie alle strukturieren den Boden mit Poren zum Atmen und Trinken. Was sie nicht brauchen, ist ein Pflug, der beim Wenden die Erde durcheinanderwirft. Oder ein schweres Erntefahrzeug, das den Boden so verdichtet, dass er kein Wasser mehr aufnehmen kann. Dann fließt Starkregen ab.

"Besonders schlimm ist es, wenn der Regen auf unbewachsenen Boden trifft", sagt die Agrarwissenschaftlerin Brunhilde Bross-Burkhardt, die "Das Boden-Buch" verfasst hat. Wenn viel Wasser auf unbewachsenen Boden fällt, wird er abgeschwemmt. Der Boden erodiert. "Im schlimmsten Fall sind Schlammlawinen die Folge", sagt Bross-Burkhardt.

Florian Schwinn hat auch den Biobauern Josef Hägler in der Oberpfalz besucht. Der setzt auf pfluglose Bearbeitung seiner Äcker und auf Unterpflanzung seiner Kulturen: Er fräst seinen Boden nur drei Zentimeter tief, düngt ihn mit kompostiertem Mist und grubbert ihn anschließend fünf Zentimeter tief. "Das ist die perfekte Alternative zum Glyphosat", schreibt Florian Schwinn. Zudem achtet Hägler darauf, dass seine Böden immer bedeckt sind: "Er arbeitet mit Untersaaten aus Kräutern und Kleegras, so dass unter der Hauptfrucht schon etwas wächst, was bei der Ernte stehen bleibt", erläutert Schwinn.

Zum Bodenschutz gehört aber nicht nur das Gründüngen, etwa mit tiefwurzelnder Luzerne, sondern "unbedingt auch ein Stopp des Flächenverlusts", betont Bross-Burkhardt. Schwinn denkt beim Stichwort "Flächenverlust" sofort an jene Bürgerinitiative, die seit mehreren Monaten in Nordost-Hessen 80 Hektar Land besetzt hat. Denn hier bei Hebenshausen im Werra-Meißner-Kreis will ein Logistikcenter sich niederlassen: "Im schönsten Bördeboden", schimpft Schwinn.

Was dem Boden schadet

Vielerorts werden Böden versiegelt und mit Häusern und Straßen überbaut. Oder sie werden mit Gülle überdüngt, wo zu viele Tiere gehalten werden. Gülle-Verstromung wäre eine Alternative, schlägt Schwinn vor.

Vor allem aber sollten die Subventionsrichtlinien der Europäischen Union erneuert werden, fordert der Autor: "Wir müssen weg von der Flächenzahlung." Sonst würden Agrarbarone der norddeutschen Agrarsteppe für ihren Raubbau belohnt, und die Kleinbauern gingen leer aus.

"Das rechnet sich für uns nicht." Wie oft hat der Journalist bei seiner Recherche für die Rettung der Böden diese Klage gehört. "Lasst uns nicht darauf beharren, dass alles bio sein muss", mahnt Schwinn. Er wirbt für eine "Ökologisierung der konventionellen Landwirtschaft". Und Brunhilde Bross-Burkhardt appelliert an ihre Leser, "sich hineinzudenken in den Boden, ihn zu befühlen, an ihm zu riechen, sich ihm sinnlich anzunähern. Wenn man etwas kennt und schätzt, dann schützt man es auch."