Alleine in Passau hatten sich nach Polizeiangaben in der Spitze mehr als 5.000 Menschen in der Innenstadt versammelt, ebenso viele waren es in Würzburg und Erlangen. In Augsburg demonstrierten 6.000 Menschen, in Nürnberg 8.000 und auf dem Königsplatz in München mehr als 40.000. In mehr als 150 Ländern soll es Proteste geben, in Deutschland werden bundesweit Hunderttausende zum dritten globalen Klimastreik erwartet. In Bayern waren von der Schüler- und Studentenbewegung "Fridays for Future" Demos in mehr als 90 Städten angekündigt worden.

Anlass für die Demos ist der bevorstehende Klimagipfel der Vereinten Nationen in New York.

Die Organisatoren der deutschen Proteste wollen zudem ein Signal an das Klimakabinett in Berlin senden, das am 20. September sein Maßnahmenpaket vorstellen will. Aber nicht nur den jugendlichen Aktivisten von "Fridays for Future" rufen zu den Protesten auf. Sie bekommen erstmals offiziell Unterstützung von mehr als 200 Organisationen und Initiativen. Das Spektrum reicht von Umweltschutz- und Menschenrechtsorganisationen, über Kirchen, Forschungseinrichtungen, Gewerkschaften bis hin zu Unternehmen.

An der Kundgebung in München nahm auch Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm teil. Vorab sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), er sei in engem Kontakt mit Partnerkirchen in aller Welt:

"Unsere Schwestern und Brüder dort berichten immer wieder von den schlimmen Folgen des Klimawandels in ihren Ländern und der Not, die daraus erwächst."

Die Menschen dort seien die ersten Opfer des Klimawandels, obwohl sie am wenigsten dazu beigetragen habe. Das sei ungerecht. Deswegen nehme er in deren Namen an der Demonstration teil, erläuterte Bedford-Strohm.

Auf der Demo in München sagte Bedford-Strohm, die Kirche thematisiere die Bewahrung der Schöpfung seit mehr als 30 Jahren. Er freue sich, dass junge Leute das Thema endlich in eine breite Öffentlichkeit bringen: "Wenn wir das Klima retten wollen, muss sich etwas ändern. Jeder von uns kann etwas voranbringen, aber dazu müssen die politischen Rahmenbedingungen stimmen." Er erwarte, dass die Klima-Vereinbarung von Paris, die in mühsamen Verhandlungen getroffen wurde, national überall umgesetzt werden: "Es gibt kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem."

Bedford-Strohm sagte weiter: "Wir müssen ungeduldig sein!" Er sei jedoch "in kritischer Solidarität" mit den Politikern, die Dilemmata lösen und Güterabwägungen treffen müssten, oft gegen mächtige Interessensverbände. Diese Demonstration sei "Rückenwind für jene Politiker, die gern deutlicher vorangehen wollen", so der Landesbischof.

Die Teilnehmer in München zeigten einen Querschnitt durch die Gesellschaft

Vom Hippie bis zum Hipster, vom Sandalen- bis zum Anzugträger, von Familien mit ihren Kleinkindern über Schüler aller Jahrgangsstufen bis hin zu den Großeltern, die Plakate wie "Opa for Future" in die Höhe hielten. "Die Politik muss klare Ziele setzen, nur dann können die Leute ihr Verhalten wirksam verändern", sagte die 66-jährige Marlies. Wer an diesem Freitag seinen SUV vor den Luxusgeschäften der Briennerstraße geparkt hatte, an denen der Protestzug vorbeiführte, fand an seinem Auto Aufkleber mit der Aufschrift "Ich liebe dich, aber ich hasse dein Auto" vor.

Klimademo 20. September 2019 München Fidschi
Klimademo am 20. September 2019 in München
Klimademo 20. September 2019 Bedford-Strohm und Frau Deborah München
Unter den 25.000 Demonstrantinnen und Demonstranten in München: Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands und bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und seine Frau Deborah (links).
Klimademo 20. September 2019 Bedford-Strohm und Frau Deborah München 2
Heinrich Bedford-Strohm: „Als Landesbischof bin ich in engem Kontakt mit unseren Partnerkirchen in aller Welt. Unsere Schwestern und Brüder dort berichten immer wieder von den schlimmen Folgen des Klimawandels in ihren Ländern und der Not, die daraus erwächst. Die Menschen dort sind die ersten Opfer des Klimawandels, obwohl sie am wenigsten dazu beigetragen habe. Das ist zutiefst ungerecht. Deswegen nehme ich im Namen meiner Schwestern und Brüder in diesen Ländern an der Demonstration teil.“
Klimademo 20. September 2019 München bunte Flaggen
Klimademo am 20. September 2019 in München
Klimademo 20. September 2019 München Act now or swim later
Klimademo am 20. September 2019 in München
Klimademo 20. September 2019 München ökologisch wirtschaften
Klimademo am 20. September 2019 in München
Klimademo 20. September 2019 München Opa for Future
Klimademo am 20. September 2019 in München
Klimademo 20. September 2019 München Erdball
Klimademo am 20. September 2019 in München
Klimademo 20. September 2019 München RWE
Klimademo am 20. September 2019 in München
Klimademo 20. September 2019 München Mercedes
Klimademo am 20. September 2019 in München
Klimademo am 20. September 2019 in München
Klimademo 20. September 2019 München Gebildete
Klimademo am 20. September 2019 in München
Klimademo 20. September 2019 München Insekten
Klimademo am 20. September 2019 in München
Klimademo 20. September 2019 München Menschenmenge
Geplante Klimademos fallen diesen Freitag in München und Erlangen aus.
Klimademo 20. September 2019 München Galgen
Klimademo am 20. September 2019 in München
Klimademo 20. September 2019 Nürnberg
Klimademo am 20. September 2019 in Nürnberg

Bei der Kundgebung in München sagte Michael Sterner, Professor für "Energiespeicher und Energiesysteme" an der Technischen Hochschule Regensburg, die jungen Leute schafften, was Wissenschaftler seit 20 Jahren versuchten. Nämlich: "Den Klimaschutz ganz oben auf die politische Agenda zu setzen." Sterner gehört zu den Unterzeichnern der "Scientists for Future", einer Gruppe Wissenschaftler, die sich hinter die Forderungen der Aktivisten von "Fridays for Future" gestellt haben. Die Demo-Anmelder in München teilten mit, dass auch der TV-Moderator Joko Winterscheidt noch zur Kundgebung kommen wollte.

In Augsburg hatte das Bündnis "Augsburg handelt" zur Demo aufgerufen. Hinter dem Bündnis stehen rund 50 Organisationen. Darunter sind neben Umwelt- und kirchlichen Jugendverbänden auch Bäckereien, Bauunternehmen, Restaurants oder Krankenkassen. Unter den 6.000 Demonstranten waren nicht nur Schüler oder Studenten.

Die Grünen-Landtagsfraktion, die ihre Herbstklausur in Adelsried bei Augsburg abhielt, unterbrach ihre Sitzung, um mitzudemonstrieren.

Mit dabei war auch der prominente Gast bei der Klausurtagung: die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion Katrin Göring-Eckart.

In Nürnberg begann die Demonstration um 12.05 Uhr - laut den Veranstaltern, weil es beim Klimaschutz schon "fünf nach zwölf" sei. Unter den Demonstranten fanden sich geschlossen auch die 120 Teilnehmer der Hauptversammlung des Reformierten Bunds, die noch bis Samstag in Nürnberg stattfindet.

Passau erlebte mit 5.000 Teilnehmern eine der größten Demonstrationen, die die Drei-Flüsse-Stadt je gesehen hat. Mit einem derart hohen Zustrom war nicht gerechnet worden, wie ein Polizeisprecher sagte. Laut Polizei kam es in zahlreichen bayerischen Städten über Stunden zu erheblichen Verkehrsbehinderungen.

In Regensburg radelten nach Polizeiangaben am Nachmittag rund 1.500 Menschen vom Hauptbahnhof in die Innenstadt, wo sie auf weitere 1.500 Demonstranten trafen. "Fridays for Future" hatte zusammen mit der "Initiative zum Radentscheid" zu den Protesten aufgerufen. Im Anschluss formierte sich in der Altstadt eine Menschenkette, "mit der wir symbolisch das Erbe der Menschheit vor der Klimakatastrophe schützen wollen", sagte Sprecher Micha Sörgel. Ein Sternmarsch durch die Altstadt zur Abschlusskundgebung am Dom, bei der zahlreiche weitere Teilnehmer erwartet wurden, war für den Abend geplant.

Demonstriert wird in 150 Ländern für die Einhaltung der Pariser Klimaziele, also eine Begrenzung der Erderwärmung unter 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter.

Die "Fridays for Future"-Bewegung fordert deshalb einen raschen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und eine schnelle Bepreisung von Kohlendioxid-Emissionen. Beim ersten globalen Klimastreik am 15. März dieses Jahres beteiligten sich nach Veranstalterangaben in Deutschland rund 300.000 Menschen, beim zweiten globalen Klimastreik am 24. Mai kurz vor der Europawahl wurden etwa 350.000 Teilnehmer bundesweit registriert.

Im gesamten Bundesgebiet sind mehr als 500 Klimaproteste geplant.