Von Robotern versprechen sich viele gerade in der Pflegebranche Hilfe. Aber Robotersysteme in der Pflege werden nach Expertenmeinung überschätzt. Arne Manzeschke, Professor an der Evangelischen Hochschule Nürnberg für Anthropologie und Ethik für Gesundheitsberufe, sagte, es herrsche häufig ein falsches Bild davon, was solche Roboter leisten könnten.

Ein Roboter, der in der Lage ist, einem Pflegebedürftigen Essen zu geben, könne mit dem alten Menschen aber nicht zwischenmenschlich in Kontakt treten, sagte Manzeschke im Gespräch mit dem Sonntagsblatt.

Moralische Bedenken, Roboter einzusetzen

Er meldet moralische Bedenken an, Roboter für solche Tätigkeiten einzusetzen, "denn in der Pflege geht es um den ganzen Menschen, in physischer, psychischer, sozialer und spiritueller Dimension". Eine menschliche Pflegekraft, die das Essen reiche, könne dabei wahrnehmen, wie es dem Gepflegten gehe, ihm aber auch helfen, wenn er sich verschluckt.

Deshalb können in der Pflege Robotersysteme seiner Ansicht nach nur solche Aufgaben übernehmen wie Wäsche einsammeln, einen Pfleger beim Heben schwerer Pflegebedürftiger unterstützen oder in der Logistik.

Roboter können Versorgungslücke nicht schließen

Daher könnten Robotik und Technik die riesige Versorgungslücke in der Pflege nicht schließen, die durch den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel entstanden ist, sagte Manzeschke.

 
Arne Manzeschke
Arne Manzeschke, Professor an der Evangelischen Hochschule Nürnberg für Anthropologie und Ethik für Gesundheitsberufe.

Es sei ein Missverständnis, zu glauben, die automatisierten Helfer könnten den menschlichen Pflegerinnen und Pflegern Zeit sparen, die sie dann wieder für Schützlinge zur Verfügung hätten:

"In einem kapitalistischen System wird jede eingesparte Ressource wieder reinvestiert."

Skeptisch ist Manzeschke auch bei Hilfsmitteln wie "intelligenten" Badezimmer-Spiegeln, die alte Menschen an die Medikamente erinnern. Gerade wenn sie mit einer Gesichts- und Spracherkennung über eine Datenverbindung funktionierten, sei die Sache "datenschutzrechtlich heikel", sagte der Ethikprofessor.

Eingriff in Eigenständigkeit der Menschen

Wenn das System beispielsweise dem Benutzer rate, doch mal spazieren zu gehen, weil er drei Tage lang die Wohnung nicht verlassen hat, sei das ein Eingriff in die Eigenständigkeit dieses Menschen.

"Schaffen wir uns Strukturen, die uns ermöglichen, das eigene Leben zu führen, oder werden wir hier einer Norm unterzogen, die von irgendwoher kommt", ruft er dazu auf, solche Geräte kritisch zu hinterfragen.

"Hinter solchen Techniken stehen immer Menschen und Interessen."