Das Münchener Hofbräuhaus muss auch dieses Jahr an Heiligabend auf seine vielleicht schönste Weihnachtsfeier verzichten. Rund 400 Obdachlose werden dort in normalen Jahren mit Schweinsbraten und Knödeln bewirtet, der Münchner Weihbischof serviert, die Stimmung ist festlich. Doch die Pandemie macht dem Katholischen Männerfürsorgeverein zum zweiten Mal einen Strich durch die Rechnung. Damit Weihnachten nicht einfach ausfällt, soll jeder Obdachlose, den das Team am Heiligabend in den Übernachtungsräumen oder auf der Straße antrifft, eine Umhängetasche als Geschenk bekommen. Darin haltbare Lebensmittel, Waschsachen, ein Gutschein einer Kaufhauskette. Dazu noch das Festessen light: Eine vorgekochte Mahlzeit, vom Hofbräu-Koch zubereitet und vakuumiert.

Dass jeder auch einen Ort findet, wo er dieses Essen aufwärmen kann, ist hingegen nicht sicher. "Fakt ist, dass es im Winter zu wenig Aufenthaltsmöglichkeiten für Obdachlose gibt", sagt Markus Blaszczyk, Bereichsleiter für die Wohnungslosenhilfe beim Evangelischen Hilfswerk. Die Tagesaufenthalte wie die "Teestube komm" können aufgrund der Abstands- und Hygienevorschriften nicht so viele Menschen einlassen wie möglich. Durch 3G- oder 2G-Regeln fielen zusätzlich informelle Aufenthaltsorte wie Stadtbüchereien oder Kaufhäuser weg. "Im Übernachtungsschutz in der Bayernkaserne mussten wir die Bettplätze von 700 auf 350 reduzieren", sagt Blaszczyk. Derzeit bekäme aber noch jeder, der es brauche, einen Platz.

Covid-19 macht den Hilfseinrichtungen zu schaffen 

In der Wärmestube in Nürnberg ist die Lage in der vierten Welle etwas entspannter geworden, weil im Sommer ein zweiter Tagesaufenthalt für Männer im Süden der Stadt am Dianaplatz eröffnet wurde. Allerdings, während die Wärmestube früher auch Menschen betreten durften, die eine eigene kleine Wohnung oder ein Zimmer haben, ist sie derzeit nur für wirklich wohnungslose Menschen geöffnet, sagt die Sprecherin der Stadtmission Tabea Bozada. Weil wegen der Pandemie die Besucher registriert werden müssen, weiß man jetzt, dass ungefähr 300 Gäste kommen. "Das ist mehr, als wir zuvor geschätzt haben", sagt Bozada. An den Weihnachtsfeiertagen wird die Einrichtung geöffnet bleiben. An Heiligabend möchte man mit einem Weihnachtsbrunch den Menschen ein paar schöne Stunden im Warmen ermöglichen. Am Haus der Kirche "eckstein" wird es in der Innenstadt wieder eine "Weihnachtsfeier to go" geben. Mit den Weihnachtstüten soll es aber auch in diesem Jahr wieder ein warmes Abendessen geben, verrät Diakonin Ute Kollewe. Sie hofft noch auf Lebkuchen-, Plätzchen- oder Stollen-Spenden.

Im Winter besuchen die Streetworker von Wärmestube und Straßenambulanz obdachlose Menschen generell häufiger an ihren Aufenthaltsorten und weisen auf Hilfsangebote wie Notschlafstellen hin. Um auch weiterhin auf Verdachtsfälle oder bestätigte Covid-19-Infektionen in den Unterkünften reagieren zu können, gebe es eine eigene Quarantäneunterkunft mit 54 Einzelzimmern, teilt das Sozialamt Nürnberg mit. Elisabeth Ries, Referentin für Jugend, Familie und Soziales, sagt: "Niemand muss die Nacht unter freiem Himmel verbringen" und appelliert an die Betroffenen:

"Bitte gehen Sie zum Schlafen ins Warme."

Für die Betroffenen hat sich die Lage kaum verändert 

Für die Gäste und Klienten der Wärmestube der ökumenischen Christophorus-Gesellschaft in Würzburg ist die aktuelle Corona-Lage "nicht belastend", sagt Einrichtungsleiter Christian Urban. Zumindest nicht belastender als die Lage seit Beginn der Pandemie. Seither verfügt die Wärmestube über das immer gleiche Hygienekonzept: Maximal neun Gäste dürfen sich zeitgleich dort aufhalten - voneinander getrennt sitzend an Einzeltischen, mit Maske. "Und zu uns dürfen nach wie vor auch Ungeimpfte und Ungetestete kommen", erläutert Urban. Für die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden ist das natürlich nicht einfach - denn wenn "nicht einmal 3G gilt, ist die Ansteckungsgefahr höher", sagt Urban.

Allerdings sei dies durchaus sinnvoll, um überhaupt noch an die Menschen heranzukommen. Alle halbe Stunde wird gelüftet, zudem ist ein Luftreiniger im Betrieb und die Mitarbeitenden hinter der Theke sind durch eine umlaufende Plexiglasscheibe geschützt, erläutert der Wärmestuben-Einrichtungsleiter. Auch in der Kurzzeit-Übernachtungsstelle der Christophorus-Gesellschaft gilt momentan keine 3G-Regel, hieß es aus dem von Caritas und Diakonie getragenen Sozialunternehmen. Allerdings gelten dort besondere Abstands- und Hygieneregeln.

In Weiden fällt bereits zum zweiten Mal die Weihnachtsfeier für Alleinlebende aus. Sie war jedes Jahr "der Höhepunkt der Feiertage für einsame Menschen", zu der im Schnitt 100 Leute kamen, berichtet Dagmar Deutschländer von der Kirchlichen Allgemeinen Sozialarbeit der Diakonie. Wie wichtig soziale Kontakte für Menschen am Rande der Gesellschaft sind, habe gerade die Pandemie deutlich gemacht. "Die Folgen tragen arme, alte und junge Alleinlebende sowie psychisch kranke Menschen am meisten", sagt sie. Die Diakonie wäre heuer federführend für die Organisation der Feier verantwortlich, sie wechselt sich mit der Caritas ab. Bis zum 23. Dezember stehen die beiden kirchlichen Einrichtungen bereit für telefonischen und persönlichen Kontakt. Bis wieder gemeinsam Weihnachten gefeiert werden kann, verteilen die beiden Beratungsstellen Weihnachtspakete an Bedürftige.

Weihnachtsaktionen sollen trotzdem stattfinden 

In Amberg hofft der Christliche Verein Junger Menschen (CVJM) immer noch, seine Aktion "Weihnachten nicht allein" mit der 2G-plus-Regel umsetzen zu können. Dabei richten die jungen Leute laut Melanie Buch je ein Kaffeetrinken und ein Abendessen für alleinstehende Menschen aus. Auf jeden Fall werde es aber wieder eine Tüte und ein Heißgetränk am Hoftor in der Zeughausstraße geben, sagt Buch. Im vorigen Jahr kamen etwa 80 Menschen, um ein Weihnachtsgeschenk entgegenzunehmen.