Die Corona-Pandemie hat den seit Jahren zu beobachtenden Anstieg der Besucherzahlen in bayerischen KZ-Gedenkstätten ausgebremst.
So kamen 2020 deutlich weniger Menschen in die ehemaligen Konzentrationslager, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressediensts (epd) zum bevorstehenden Holocaust-Gedenktag am 27. Januar ergab.
Besucherzahlen in den Gedenkstätten nahmen stark ab
Flossenbürg verzeichnete weniger als halb so viele Besucher, in Dachau sank die Zahl der Besucher geführter Angebote sogar auf ein Viertel des Vorjahrniveaus. Insgesamt mussten die Gedenkstätten 2020 wegen der Pandemie vier Monate komplett geschlossen bleiben.
Die bayerischen Gedenkstätten liegen damit ganz im bundesweiten Trend. So besuchten etwa die Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Bergen-Belsen in Niedersachsen vergangenes Jahr rund 145.000 Menschen, nur etwas mehr als halb so viele wie 2019.
Auch in der Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar wurde mit 250.000 Besuchern nur etwa die Hälfte der Gästezahl eines gewöhnlichen Jahres erreicht. Ähnlich deutlich waren die Folgen der Pandemie in weiteren KZ-Gedenkstätten sowie an anderen Orten bundesweit, an denen an den NS-Terror erinnert wird.
Kontinuierliche Zunahme der Besucherzahlen ausgebremst
Die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg in der Oberpfalz besuchten 2020 gut 60 Prozent weniger Menschen als im Vorjahr. So waren es 2020 insgesamt 36.400 Personen und 2019 etwa 90.000 Menschen.
"In den letzten zehn Jahren haben die Zahlen kontinuierlich zugenommen", erzählte Julius Scharnetzky von der Stiftung Bayerische Gedenkstätten KZ-Gedenkstätte Flossenbürg. So waren es beispielsweise 2011 noch "nur" 80.000 Besucher. Corona hat diesen Trend also deutlich ausgebremst.
Besonders Schulklassen blieben im vergangenen Jahr weg
Auch die KZ-Gedenkstätte Dachau spricht von "stark rückgängigen Rundgangszahlen". Vor allem die Schulklassen sind im vergangenen Jahr ausgeblieben. So gab es 2020 etwa 1.700 geführte Angebote wie Rundgänge und Seminare mit etwa 26.000 Teilnehmern. Im Jahr zuvor waren es etwa 4.500 Angebote mit 105.000 Besuchern.
Einen Rückschluss auf die Gesamtbesucherzahl lasse das jedoch nicht zu, sagte die Dachauer Gedenkstätten-Sprecherin Rike Schreiber. Denn die KZ-Gedenkstätte führe keine generelle Besucherzählung durch, da der Eintritt kostenlos ist und es kein Ticketsystem gibt. So können Menschen die Gedenkstätte auch ohne Rundgang oder Ähnlichem besuchen und werden dann nirgendwo erfasst.
Hochrechnungen hatten die jährliche Gesamtbesucherzahl der KZ-Gedenkstätte Dachau vor der Pandemie auf 900.000 Menschen im Jahr beziffert. Für 2020 Jahr könne sie dazu aber einfach keine Angabe machen, bedauerte die Sprecherin. Gestiegen sei 2020 aber definitiv die Nutzung der Online-Angebote der Gedenkstätte.
KZ-Gedenkstätten Dachau und Flossenbürg mussten schließen
Beide KZ-Gedenkstätten waren ein Drittel des Jahres, nämlich von Mitte März bis Mitte Mai sowie den gesamten November und Dezember für Besucher komplett geschlossen.
In der Zeit nach der Wiedereröffnung im Sommer waren die Angebote zudem teilweise stark eingeschränkt. In Flossenbürg waren lediglich die Ausstellungen sowie das Gelände geöffnet, Rundgänge erst seit Anfang Juli wieder möglich. Und auch in Dachau waren einzelne Gebäude nicht zugänglich.
Auch Dokumentationszentrum Reichsparteigelände in Nürnberg verzeichnet weniger Besucher
Auch im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg sind die Besucherzahlen im vergangenen Jahr eingebrochen. Waren es 2019 noch 310.000 Besucher, sank die Zahl 2020 auf 75.000 und bremste auch dort den zuvor stetigen Anstieg deutlich aus, erklärte Martina Christmeier von den Museen der Stadt Nürnberg.
Analog zu den beiden KZ-Gedenkstätten war auch das Dokumentationszentrum vier Monate komplett geschlossen und durfte dazwischen aufgrund der Pandemieauflagen nur weniger Besuchern zulassen.
Holocaust-Gedenktag: Gedenken an Opfer der NS-Verbrechen
In Deutschland gibt es Dutzende KZ-Gedenkstätten, hinzu kommen viele weitere Erinnerungsstätten für die Verbrechen der Nationalsozialisten. Rund sechs Millionen europäische Juden wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Verfolgt und in großer Zahl getötet wurden auch Regimegegner, überzeugte Christen, Sinti und Roma und Homosexuelle.
Rund um den Holocaust-Gedenktag Ende Januar finden alljährlich zahlreiche Gedenkveranstaltungen statt. Am 27. Januar 1945 wurde das Vernichtungslager Auschwitz in Polen befreit. Seit 1996 wird zu diesem Datum der Holocaust-Gedenktag begangen.
Bei einer Gedenkstunde im Bundestag sprechen am Mittwoch die ehemalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, und die Publizistin Marina Weisband.