epd: Frau Schuhmann, so viele Menschen mit Pflegebedarf können sich ihren Heimplatz schlicht nicht leisten. Ändert die nun beschlossene Reform daran etwas?
Schuhmann: Momentan beträgt im Bundesdurchschnitt die Zuzahlung zum Heimplatz 2.068 Euro. Die durchschnittliche Rente liegt bei 1.200 Euro. Daher kommt, dass jeder dritte Heimbewohner auf Sozialleistungen angewiesen ist. Die angekündigte Reform sieht vor, dass nun im ersten Jahr des Heimaufenthalts fünf Prozent Zuschuss zu den Pflegekosten gezahlt werden. Das wären dann auf Basis der Durchschnittswerte 41,55 Euro. Im zweiten Jahr beträgt der Zuschuss dann 208 Euro. Das ist keine große Erleichterung. Viele Menschen leben nur noch ein Jahr im Seniorenheim, weil sie so lange wie möglich zuhause bleiben wollen. Was wir bräuchten, wäre eine finanzierbare Pflege, bei der die Eigenanteile nur bis zu einer Maximalgrenze gezahlt werden müssten. Die Pflegekosten müssen für die Menschen vorhersehbar sein. Wir müssen raus aus der Teilkasko, rein in eine echte Versicherung.
epd: Die ambulante Pflege kommt in der jetzt vorgesehenen Reform noch nicht vor. Was würden Sie sich für sie wünschen?
Schuhmann: Momentan ist die Pflege bei uns in Sektoren aufgeteilt. Hier brauchen wir eine Durchlässigkeit, alle Angelegenheiten der Pflege müssen miteinander gedacht werden, die ambulante Pflege, die Kurzzeitpflege, Tagespflege und das Ehrenamt sollten zu einem Gesamtsystem umgebaut werden, das dann aber auch ganz anders als bisher finanziert werden muss. Auch eine gute Beratung mit vielen Fachstellen wäre nötig. Sie könnten beispielsweise die Menschen dazu beraten, was bei einer Begutachtung zu beachten ist.
epd: Wenn auch nach Ihrer Ansicht die jetzt beschlossene Reform nur aus kleinen Schrittchen besteht, sind Sie dennoch zuversichtlich, dass bald einmal der "große Wurf" in Sachen Pflege kommt?
Schuhmann: Ich merke, dass die politischen Parteien es in das Buch der kommenden Bundesregierung geschrieben haben. Das wird ein wichtiges Thema bei den Koalitionsverhandlungen sein.