Zu den Merkmalen von Diktaturen gehört, dass Gerichte politisch urteilen, dass sie Freiheitsrechte nicht mehr schützen, sondern die Machthaber – dass das Recht zur Waffe gegen Dissens, Widerspruch und Opposition wird. Zu besichtigen ist das weltweit, in China, Russland, der Türkei.

Wegen eines Internet-Memes hat nun das Bamberger Amtsgericht den Chefredakteur eines Rechtsaußen-Blatts zu einer sechsmonatigen Haftstrafe verurteilt – auf Bewährung. "Ein Urteil wie aus einer Diktatur" (Die Welt) ist das Bamberger Urteil nicht, aber es wirft Fragen auf.

Memes ("mihms") sind Internet-Medien, ikonische Bilder, Fotos mit Text, Grafiken oder kurze Videoschnipsel mit meist humoristischem, oft satirischem, auch gesellschaftskritischem Inhalt. David Bendels ist Chefredakteur des AfD-nahen Deutschland-Kurier. Er hatte ein Foto, auf dem Bundesinnenministerin ­Nancy Fae­ser (SPD) ein Plakat in die Kamera hält, verändert und statt der ursprünglichen Aufschrift "We remember" mit dem Satz "Ich hasse die Meinungsfreiheit!" versehen.

Satire, keine Verleumdung

Verurteilt wurde der Journalist dafür nach § 188 Abs. 2 StGB, dem sogenannten Majestätsbeleidigungsparagrafen im Strafgesetzbuch. Tatsächlich geht es bei dem Paragrafen um das berechtigte Interesse, "im politischen Leben des Volkes" stehende Personen vor extremen Diffamierungen zu schützen.

Doch dass es sich bei dem Meme nicht um eine verleumderische Fotofälschung handelt, sondern um eine Satire (wie gelungen man sie auch finden mag), erkennt jeder, der schon mal eine Viertelstunde im Netz unterwegs war.

Ist das Meme lustig? Nein. Aber es ist in einer Zeit, in der "Meldestellen" wie Pilze aus dem Boden schießen, im Raum der politischen Debatte angesiedelt. Wirklich satirische Potenz hat das Meme allerdings durch das von Faeser angestrengte Bamberger Urteil erhalten. Übrigens wäre es durch die Meinungsfreiheit (Artikel 5 des Grundgesetzes) sogar gedeckt, die Meinungsfreiheit zu hassen.

Meinungsfreiheit wird missbraucht

Im rechtspopulistischen Lager wird regelmäßig die Meinungsfreiheit missverstanden oder missbraucht. Man sollte diesen Rechten aber – sosehr sie einem widerstreben – keine Argumente liefern für die an sich falsche und unbegründete Behauptung, um die Meinungsfreiheit sei es in der Bundesrepublik schlecht bestellt.

Gerade von ihnen wird – meist im Zusammenhang mit Migrationsfragen, bei Straftaten von Asylsuchenden oder Abschiebungen – gern "die volle Härte des Gesetzes" gefordert. Diese zeigt auch das Bamberger Urteil – und dürfte zu Recht von höheren Instanzen als grundgesetzwidrig kassiert werden. Zur angestrebten Entgiftung der Debattenkultur kann das Bamberger Urteil jedenfalls nicht beitragen.

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden

Florian Meier am Mo, 14.04.2025 - 23:39 Link

Hm, man kann Frau Faeser und das Urteil furchtbar finden, aber was will uns die Zeitung mit dieser Bildauswahl und dem Bilduntertitel sagen? Ich erinnere mich da an eine DLF-Sendung (Zwischentöne) mit einem Politikerfotografen, der meinte das es keine Kunst sei jeden Menschen unvorteilhaft darzustellen.