Sophie Scholl: "Erkennen durch Denken" lautete ihre Maxime
Sophie Scholl wuchs in einem liebevollen Elternhaus auf, das von christlich-liberalen Werten geprägt war. So wurde den drei Schwestern die gleiche Rechte eingeräumt wie den zwei Brüdern. Sachliche Auseinandersetzungen über existentiell wichtige Themen wurden diskursiv geführt. Auf dieser Ebene vermochte Familie Scholl auch komplexe familiäre Herausforderung konstruktiv zu lösen – im speziellen die anfängliche Sympathie der Geschwister-Scholl für das nationalsozialistische "Jugendprogramm" gegenüber der ablehnenden Haltung der Eltern zum NS-Regime. Ihr Selbstbewusstsein und die Klarheit ihrer Meinung im Kontext sachorientierter Diskussionen eignete sich Sophie Scholl schon sehr früh an – zeitweise in Auseinandersetzung mit ihren Eltern.
Die klare Distanzierung von der NS-Ideologie begann, als die Scholl-Geschwister mit ihrem ausgeprägten Liberalismus und Freiheitsbestreben wiederholt in Konflikt mit dem NS-System und seiner entgegengesetzten feindlichen Stoßrichtung gerieten. Starke Kritik übte Sophie Scholl an den folgenreichen sexistischen Attributionen durch die Machthabenden. Dazu schrieb sie: "[Die Frau] müsse ihre weiblichen Gefühle bestimmen lassen über ihr Denken. Vor allem das Mitleid. Ich aber finde, dass zuerst das Denken kommt, und dass Gefühle oft irreleiten." (Sophie Scholl, 28. Juni 1940). Damit widersprach sie der verbreiteten Ansicht, die Frau habe sich aus der Politik rauszuhalten. In ihren jungen Lebensjahren erkannte Sophie, dass die Idee von Freiheit das Leben menschlicher macht.
Sophie Scholl: Suche nach geistiger Orientierung
Im Zuge der Erkenntnis über das systematisch-destruktive Menschenbild der Nationalsozialisten suchten die Scholl-Geschwister geistige Orientierung. Sie traten ein für ein gerechtes, gewaltfreies und geschlossenes Menschenbild.
Otl Aicher, ein Schulfreund des jüngsten Bruders von Sophie, setzte in dieser Suchbewegung den entscheidenden philosophisch-theologischen Impuls. Er stammte aus katholischem Hause und beschäftigte sich intensiv mit den Kirchenvätern Augustin und Thomas von Aquin und den antiken Philosophen Platon und Aristotles. Er ermutigte die Geschwister zur Lektüre dieser Denker.
Schon bald las Sophie während ihrer Verpflichtung beim Reicharbeitsdienst (RAD) im Winter 1940/41 das wohl bekanntestes Werk von Augustin, die"Bekenntnisse". Darin schreibt er eindrücklich von seiner Abkehr von Beruf, Ehe und Sexualität auf seinem Weg zu Gott. Diese Lektüre hinterließ deutliche Spuren in Sophies Denken. In Augustins Beschreibung fand sie sich selbst wieder. So notierte sie in ihr Tagebuch:
"Da verliert sich das Herz in dieser kleinen Unruhe und vergisst seinen großen Heimweg" (Sophie Scholl, Herbst 1941).
Die Sehnsucht nach dem Weg ins Vertraute führte sie zu Gott. Der radikale Lebensentwurf von Augustin beeindruckte sie und rührte an einen anderen quälenden Seelenzustand in ihr. In der Beziehung zu Fritz Hartnagel fühlte sich Sophie Scholl stets liebesunfähig. Sie erwiderte seine Liebe nur bedingt und war noch nicht bereit für eine sexuelle Beziehung. Dieser Zustand löste in ihr eine moralische Krise aus und wurde zu einer Dauerbelastung. Eine befreiende Antwort fand sie in Augustins Gedanken, der schrieb, dass das Geschlecht vom Geist überwunden werde. Gott war ihre Brücke. Sie vergeistigte ihre Liebe zu Fritz Hartnagel.
Sophie Scholl und die "Weiße Rose"
Sophie Scholl gab Gott einen neuen Platz in ihrem Leben und damit ihrer Sehnsucht eine klare Ausrichtung. Die Welt des Geistes, des Intellekts gegenüber den Tieren, stellte für Sophie Scholl den einzigen Weg dar, die Wirklichkeit zu durchbrechen. Die Beschäftigung mit Augustin beinhaltete die praktische Dimension ihres Widerstandes im studentischen Kreis der "Weißen Rose". Die christliche Gedankenwelt gab Sophie Scholl den Anstoß, sich kompromisslos der größtmöglichen Grausamkeit in der Menschheitsgeschichte zu widersetzen. Ihr Tod hat ihre Botschaft nicht vernichten können. Die Erinnerung an ihre Kraft ist größer als der Schrecken ihres Todes.
Ausstellung "Rebellinnen"
Sophie Scholl, Argula von Grumbach, Liselotte Nold, Bertha von Suttner, Nina Hagen und Angela Merkel sind Rebellinnen ihrer Zeit. Diese Frauen halten an ihren Überzeugungen fest, widersetzen sich der Obrigkeit und kämpfen für ihre Rechte. Sie verfolgen ihre Ziele und stehen ein für ein selbstbestimmtes Leben.
Die Leih-Ausstellung "Rebellinnen” präsentiert rund 40 Mädchen und Frauen aus verschiedenen Epochen. Viele sind berühmt, einige von ihnen weniger bekannt. Eines aber vereint sie: Ihr Leben und ihre Taten haben unsere Gesellschaft verändert. Die Lebenswege ermutigen uns dazu, unseren eigenen Weg zu gehen und unsere Ziele nicht aus den Augen zu verlieren.
Die Ausstellung umfasst hochwertige Alu-Tafeln inklusive Hängevorrichtung, kostenloses Werbematerial sowie ein digitales medienpädagogisches Paket. Die Ausstellung eignet sich für Bildungseinrichtungen und Kommunen ebenso wie für Kirchengemeinden und Museen.
"Rebellinnen" geht 2021 in den Verleih. Möchten Sie über den Leihtermin informiert werden, dann abonnieren Sie bitte unseren Newsletter.