Schon zu Lebzeiten kam man an ihm nicht vorbei und heute erst Recht nicht: Elias Holl (1573- 1646) war Augsburger Stadtwerkmeister und einer der bedeutendsten deutschen Architekten des 17. Jahrhunderts.

Seine Bauwerke zieren nicht nur das Augsburger Stadtbild, sein Name auch Plätze, Schulen und Denkmäler. Das Maximilianmuseum widmet ihm vom 17. Juni bis 17. September anlässlich seines 450. Geburtstags eine Ausstellung.

Elias Holl: Stadtwerkmeister und Architekt von Augsburg

Der Neubau des Augsburger Rathauses mit seinem imposanten Goldenen Saal oder der Perlachturm in seiner heutigen Gestalt gleich nebenan gehören zu den Wahrzeichen der alten Reichsstadt. Sie gehen ebenso auf das Konto Holls wie das städtische Gieß- oder Bäckerzunfthaus sowie zahlreiche Kirchtürme, Amtsstuben oder gar ein Gefängnis. Doch nicht nur wegen seiner Bauten sei Elias Holl in der Stadt allgegenwärtig.

"Er ist hier so etwas wie ein Nationalheiliger", sagt Museumsdirektor Direktor Christoph Emmendörffer, der die Schau "Elias Holl. Meister Werk Stadt" kuratiert hat.

Umso spannender sei es, diese Person für eine Ausstellung wieder neu interessant zu machen.

Ausstellung im Maximilianmuseum

Das geschieht im Maximilianmuseum auf facettenreiche Art, bei der man auch dem Menschen Holl und seiner Arbeitsweise vor dem Zeitkolorit gerecht werden will. Zu sehen ist unter anderem seine Hauschronik, eine Art Autobiografie, die in einer Abschrift eines Verwandten überliefert ist.

Dazu zahlreiche originale Modelle und Entwürfe, die aufgrund einer in Augsburg glücklichen Archiv-Situation noch erhalten seien.

Bauten außerhalb der Stadt

Zumindest angedeutet durch Originaldokumente werden in der Ausstellung auch von Holl geplante Bauten, die außerhalb Augsburgs umgesetzt wurden. Gezeigt wird ein Kupferstich der Willibaldsburg in Eichstätt.

Erwähnung finden die Pläne für den Umbau von Schloss Schwarzenberg bei Scheinfeld und auch, dass Holl sogar für die Festung Marienberg in Würzburg als Bauherr einer Umgestaltung im Gespräch war.

Teamarbeiter

Auch wenn Elias Holl seit dem 19. Jahrhundert in der Rezeption wie ein Stararchitekt wirkt - zu Lebzeiten war er in erster Linie ein reichsstädtischer Bediensteter, der seinen Job machte - er habe Auftrag des Bauamts oder des Oberbürgermeisters umgesetzt.

"Es war also auch immer eine Teamarbeit, die man seit rund 200 Jahren gerne Holl als Urheber näher zuschreibt", erläutert der Kurator weiter. Es sei vielmehr faszinierend, dass schon damals so viele Verantwortliche ein starkes Interesse daran hatten, Augsburg für die Zukunft fit zu machen.

Strenge Hierarchien

Die Ausstellung will auch zeigen, dass die Ständegesellschaft, in der Holl lebte, eine komplett andere war, wie man sich diese heute vorstellen mag. Als gelernter Maurermeister stand er in der Hierarchie damals weit unten, darüber standen die Patrizier und ganz oben die Stadtadeligen, die das letzte Wort hatten.

"Dieses System wurde nicht hinterfragt", weiß Emmendörffer.

1603 entwirft Elias Holl die Friedhofskapelle auf dem katholischen Hermanfriedhof, 1619 baut er den Kirchturm von St. Peter und Paul in Oberhausen um. An der protestantischen Hauptkirche Augsburg, St. Anna, erneuert er schon 1602 den Glockenturm. Erhalten die katholischen Kirchen eine zu dieser Zeit charakteristische Zwiebel, denkt sich Holl für seine evangelischen Bauten eine besondere Turmbekrönung aus.

Emmendörffer verweist zudem auf das evangelische Heilig-Geist-Spital, das zwischen 1625 und 1630 entsteht und sich mit seiner Spitzhaube - ähnlich der von St. Anna - baulich von den anderen Kirchengebäuden deutlich abhebt. "Hier grenzte sich Holl deutlich von der Tradition ab", sagt der Museumsleiter.

Augsburg in früheren Zeiten

Augsburg war zur Zeit Holls zu mehr als 80 Prozent evangelisch. Erst durch das Restaurationsedikt Kaiser Ferdinands II., das 1629 den Höhepunkt der Gegenreformation darstellte, wendete sich das Blatt. "Der Kaiser war ein Fanatiker, der an der Stadt Augsburg ein Exempel statuieren wollte", verweist Emmendörffer auf den zeitgeschichtlichen Kontext, der auch in der Ausstellung thematisiert werden soll.

Protestanten mussten beispielsweise bis zu einem gewissen Stichtag ihren Besitz aufgeben und das katholische Bekenntnis annehmen. "Die Confessio Augustana oder der Augsburger Religionsfrieden von 1555 waren Ferdinand ein Dorn im Auge, er wollte die Geschichte ein stückweit korrigieren", sagt der Historiker.

Evangelisch vs. katholisch

Das hatte auch Auswirkungen für Elias Holl. 1630 wird er als Stadtwerkmeister beurlaubt, weil er sich weigert, zu konvertieren. Ein Jahr darauf wird er sogar entlassen. Nachdem Schwedenkönig Gustav Adolf die Stadt 1632 mit seinen Truppen eingenommen hatte, wird er wieder in sein Amt eingesetzt.

Drei Jahre später erfolgt nach der Belagerung durch kaiserliche und bayerische Truppen die Wiedereinsetzung der katholischen Stadtregierung. 1635 wird Elias Holl endgültig aus seinem Amt entlassen. Am 6. Januar 1646 stirbt er und wird vier Tage später auf dem Protestantischen Friedhof begraben.

"Mit seiner wechselvollen Biografie als Superstar und späteres Opfer der Zeitgeschichte beflügelt Holl bis heute die Phantasie", meint Emmendörffer. Sein Werk ebenso wie sein Leben machten ihn zur Projektionsfläche für jede Generation. Wer "Elias Holl. Meister Werk Stadt" sehe, so der Kurator, erlebe auch ein spannendes Stück deutscher Zeitgeschichte.

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