An der Rekonstruktion des Berliner Schlosses als Humboldt Forum gibt es erneut Kritik. Im November 2022 war eine Diskussion über einen Teil der von Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) veranlassten Kuppel-Inschrift entbrannt.
Diese stammt aus dem Philipper-Brief im Neuen Testament und lautet: "Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind." Kritiker*innen sahen darin den geistlich verbrämten Machtanspruch der preußischen Könige. Zunächst war eine Kommentierung der Inschrift geplant, diese entfiel mittlerweile allerdings, aus Kostengründen, wie es heißt.
Nun gibt es erneut Diskussionen. Im Zentrum stehen dieses Mal acht neue Figuren, die acht alttestamentarische Propheten darstellen: Jesaja, Hosea, Zephania, Zacharias, Jonas, Daniel, Jeremias und Hesekiel. Die Kosten von 1,2 Millionen Euro für die Propheten-Figuren wurden laut Stiftung Humboldt Forum über Spenden durch den Förderverein getragen – und genau daran entzündete sich die Kritik.
Kritik an "fundamental-christlicher Unterwanderung"
Die beiden Wissenschaftler Philipp Oswalt und Jürgen Zimmerer warfen der Stiftung vor, sie habe dem Förderverein "die Möglichkeit eingeräumt, […] über das ursprüngliche, im November 2020 erreichte Spendenziel hinaus zusätzliche Rekonstruktion von Bauelementen durchzusetzen", die nicht in den ursprünglichen Bundestagsbeschlüssen zur Rekonstruktion des Schlosses sowie dem Wettbewerbsbeitrag von Architekt Franco Stella von 2008 vorgesehen waren.
Mehr noch, die Stiftung habe so "rechtslastigen Kreisen" über den Förderverein Berliner Schloss ermöglicht, die "Symbolproblematik des Berliner Schlosses weiter zu verschärfen" und zu einer "bewussten fundamental-christlichen Unterwanderung des Stadtschlosses" beigetragen:
"Mit Spendengeldern von Rechtsradikalen wird die das Berliner Schloss weiter zum neu-rechten Symbol für das "christliche Abendland" ausgebaut."
Die Stiftung Humboldt Forum wies die Vorwürfe zurück. Generalintendant Hartmut Dorgerloh widersprach der Darstellung, wonach die Spender nachträglich Einfluss auf die Rekonstruktion von Bauelementen und damit die Architektur genommen hätten. Die Errichtung der Kuppel und das Anbringen der Kuppelfiguren habe bereits zur Ausschreibung 2007 wie auch des Siegerentwurfes des Architekten Franco Stella gehört. Lediglich Planung und Umsetzung seien zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt.
Mit Blick auf die Herkunft von Spenden erklärte Dorgerloh, seit Überarbeitung der Spendenrichtlinie 2022 würden keine anonymen Spenden mehr angenommen. Dies sei eine Reaktion der Stiftung auf Spenden "aus dem rechten Milieu".
Kritiker*innen: Problem anonymer Spender*innen keineswegs gelöst
Doch die Kritiker*innen überzeugte das nicht. Am 3. April bekräftigte Historiker Jürgen Zimmerer seine Kritik. Die jüngste Debatte um die Aufstellung von acht Prophetenfiguren an der Kuppel des Humboldt Forums habe erneut gezeigt, "dass das Problem rechtslastigen Spender*innen für die Fassadenrekonstruktion – obwohl schon vor Jahren versprochen" keineswegs gelöst sei, heißt es in einer Erklärung.
Vielmehr werde zunehmend deutlich, dass durch das Geld teilweise anonymer Geldgeber ein "christlich-fundamentalistisches Programm" in die Schlossrekonstruktion eingeschrieben werde. Das berge die Gefahr, aus dem Gebäude einen "Kristallisationspunkt anti-modernen, anti-demokratischen und völkischen Denkens" zu machen:
"Durch Kuppel, Kuppelkreuz und Kuppelinschrift wird das Stadtschloss zu einem weltlichen Symbol christlicher Dominanzkultur."
Die Rekonstruktion des Berliner Schlosses im Zustand von 1918 radiere die deutsche Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts aus und biete den Rückbezug auf eine vermeintlich unproblematische Idylle der preußischen Monarchie und des Deutschen Kaiserreich, heißt es weiter. Das sei ein "steingewordene Schlussstrich und eine Re-Nationalisierung des identifikatorischen Kerns der Berliner Republik". Vor diesem Hintergrund sei das Agieren rechtslastiger bis rechtsextremer Spender*innen besonders problematisch.
Hintergrund
Das Humboldt Forum wurde im Juli 2021 eröffnet. Es bietet auf rund 30.000 Quadratmetern und über fünf Etagen Ausstellungen, Veranstaltungen, Bildungs- und Vermittlungsangebote. Unter anderem sind die Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst zu sehen.
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