Auch im Herbst fliegen die Bienen aus dem Lorenzpark nach Hof. "Hier in der Stadt haben die Bienen bessere Bedingungen als auf dem Land", erklärt Anne Oertel. Auf dem Land gebe es nicht so viel Nahrung für die Insekten - außer auf Feldern, die biologisch bewirtschaftet werden, wo also zum Beispiel Kornblumen wachsen. In der Stadt dagegen blühten vom Frühjahr bis zum Herbst immer wieder verschiedene Pflanzen, ergänzt Martin Wahl.

Die beiden sind Imker im Nebenerwerb und arbeiten hauptberuflich bei einem großen Bildungsträger. "Ich bin aber nur die Assistentin", erklärt Anne Oertel schmunzelnd. "Martin ist der Imker."

Auch in der Kirchengemeinde St. Lorenz ist das Ehepaar aktiv: Sie gestalten "Bienengottesdienste" mit oder erklären Besuchern und Touristen den kleinen Bienenlehrpfad an der Kirche. Beide sperren auch regelmäßig abends den Lorenzpark ab, den sich Stadt und Kirchengemeinde teilen. Im Sommer finden hier oft Gottesdienste im Grünen statt, werktags erholen sich die Menschen unter den schattenspendenden Bäumen oder treffen sich.

Dominiert wird der Park von der Lorenzkirche, der ältesten Kirche Hofs. Direkt neben dem Gotteshaus befindet sich als abgeschlossener Teil des Parks der Garten des Ehepaars. "Im Schutz der Kirche gedeihen hier viele Pflanzen", erzählt Anne Oertel.

"Es ist eine kleine Oase, sogar Pfirsiche wachsen hier."

Kein Ziergarten, sondern ein Naturgarten, in dem sich Insekten wohlfühlen.

Der Martin-Luther-Bienenstock ist eine Skulptur aus Holz

Schon früher habe es in der Hofer Altstadt, wo heute Geschäfts- und Wohnhäuser stehen, viele Gärten gegeben, in denen Honig produziert wurde, berichtet Martin Wahl. Aus dem Wachs der Bienen wurden Kerzen hergestellt. "Das war vor allem für die Lorenzkirche wichtig, denn Kerzen waren die einzige Lichtquelle." Noch heute ist die Imkerei eng mit Sankt Lorenz verbunden: An der Kirche steht ein Martin-Luther-Bienenkorb, eine überlebensgroße Holzskulptur, die anlässlich des 500. Reformationsjubiläums von Hofer Schülern aufwendig geschnitzt wurde.

"Eine solche Lutherbeute wird es in Deutschland nicht noch einmal geben", ist sich Wahl sicher. Dabei sind solche Beuten - die traditionelle Behausung der Bienen - für den Imker heute eher unpraktisch, aber:

"Die Bienen fühlen sich hier wohl."

Doch ohne Imker können Bienen heute nicht mehr existieren. In ganz Europa gibt es kein Honigbienenvolk, das nicht von der Varroa-Milbe befallen ist, die mit Ameisensäure bekämpft werden muss. Die Bienen im Lorenzpark haben sich jedenfalls gut entwickelt.

"Sie verbreiten sich von Hof aus in die Region, so wie im Mittelalter von der Urpfarre St. Lorenz aus die ganze Gegend christianisiert wurde."

So wie die Bienen heute auf den Menschen angewiesen seien, so seien Menschen auf Insekten angewiesen, betont Anne Oertel. "Für mich steht die Bewahrung der Schöpfung im Mittelpunkt". Martin Wahl zitiert Albert Einstein, der einmal gesagt hat, wenn die Bienen sterben, stirbt auch der Mensch. Der Film "Mehr als Honig", der das weltweite Bienensterben thematisiert, habe sie und ihren Mann dazu gebracht, sich selbst mit der Imkerei zu beschäftigen, ergänzt Oertel.

Honig sehr teuer in manchen Ländern

Inzwischen versteht Martin Wahl sein Handwerk so gut, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit als Entwicklungshelfer auch Schulungen in anderen Ländern durchführt. "Man kann sich gar nicht vorstellen, wie teuer Honig in manchen Ländern ist", sagt er. So würden im Libanon umgerechnet 30 Euro für ein Kilo Honig verlangt. Erfreulich sei, dass sich in vielen Ländern Menschen durch das Erlernen des Imkerhandwerks selbstständig machen könnten.

Auch wenn es in manchen Gegenden wegen der großen Trockenheit nicht einfach ist." Auch in Äthiopien, im Irak und in Brasilien hat er schon Kurse abgehalten. So wird das Wissen um die Hofer Lutherbienen in die Welt getragen.

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