In Ostbayern haben in diesem Winter alle Skigebiete unter 1.000 Höhenmetern mit Schneemangel zu kämpfen. Lediglich am Großen Arber war bis Ende Januar eingeschränkter Skibetrieb möglich. Im niedriger gelegenen St. Englmar auf 900 Metern Seehöhe ging Anfang Februar ein Skilift in Betrieb – von insgesamt zwölf Liften. Langläufer können wegen geringer Schneehöhe hier nicht ihre Spuren ziehen, sie müssen auf den schattigen Bretterschachten im Bayerischen Wald ausweichen.

Der Druck auf die wenigen Schneegebiete im Bayerischen Wald ist enorm gestiegen. Der Parkplatz am Dreisessel ist an Wochenenden oft überlastet, die schmale Straße hinauf ist an sonnigen Wochenenden zugeparkt.

Schnee hauptsächlich aus Schneekanonen

Die Natur- und Wanderführerin Sabine Müller sieht das kritisch. Sie arbeitet im Nationalpark Bayerischer Wald und hat immer wieder zu tun, Ausflügler von den absoluten Schutzgebieten fernzuhalten. "Schneeschuhgeher und Skitourengeher sind das Querfeldeingehen gewöhnt. Da kommt es immer wieder zu Diskussionen, weil sie das Wild aufscheuchen, das im Winter seine Ruhe braucht."

Weil sich das Klima wandelt, wird auch der Druck für die Bergbauern höher. Diese hatten früher mit dem harten Boden, mit steilen Hängen, mühsamer Arbeit und verkürzter Witterungsperiode zu kämpfen. Heute betreiben viele ihre Höfe nur nebenbei, und verlassen sich auf den Tourismus. Der verlangt im Winter verlässlich Schnee, doch verlässlich kommt der in niedrigeren Lagen hauptsächlich aus Schneekanonen.

Touristen bleiben aus

"Des hatten mir noch nie, dass Ende Januar bei uns auf 1.400 Meter kaum Schnee war", erinnert sich Karin Wegscheider. Sie lebt im Sellrain in den Stubaier Alpen und betreibt mit ihrem Mann Max eine kleine Pension. Weiter unten, im Ort Sellrain, war die ersten beiden Wintermonate alles grün-braun. "Für meinen Weg in die Arbeit ist das super", sagt sie. Sie pendelt mehrfach in der Woche zu ihrer Arbeit, einem Supermarkt im Tal. Aber sonst?

"Natürlich sind die Leute froh, dass ihr Bergbauern-Leben leichter geworden ist", sagt Christine Eben. Sie arbeitet für die Internationale Alpenschutzkommission CIPRA (frz.: Commission Internationale pour la Protection des Alpes). Das ist eine Art Dachverband, die sich für den Schutz der Alpen einsetzt und die Stimmen und Kräfte der Natur- und Umweltorganisationen bündelt. Christine Eben ist als stellvertretende Vorsitzende für die CIPRA im ganzen Land unterwegs und hat beim Evangelischen Bildungswerk Regensburg für einen nachhaltigen Umgang mit den Alpen geworben.

Vorzeige-Projekt: Riedberger Horn

Zu der Entwicklung bei den Bergbauern sagt sie: "Natürlich bringt der Tourismus einen Ertrag, der früher mühsam dem Boden abgetrotzt werden musste. Durch das einfachere Leben ist auch die Furcht gewachsen, dass die Touristen wegbleiben und die Einheimischen wieder in die damalige Zeit zurückfallen. Aber das ist ein Irrtum. Ein Leben ist in den Alpen auch ohne Massentourismus möglich."

Als Vorzeige-Projekt könnte sich laut Alpenschutzkommission das Riedberger Horn entwickeln. Auf diesem Grasberg zwischen Allgäu und Vorarlberg in 1.780 Metern Höhe wollte die bayerische Staatsregierung eine Ruhezone im Alpenplan herabstufen, um eine größere Skischaukel zu ermöglichen. Die örtliche Bevölkerung war mehrheitlich dafür. Proteste hagelte es landesweit bei Umwelt- und Naturschutzverbänden. Die CIPRA hatte diese Stimmen gebündelt und dazu beigetragen, dass die Ausbaupläne zurückgenommen wurden.

Naturnaher Tourismus sei möglich

"Der öffentliche Druck hat offenbar eine Kehrtwende bei der Staatsregierung möglich gemacht", sagt Eben. "Auch Politiker wollen wiedergewählt werden. Sie haben gemerkt, dass sie nicht nur die Stimmen der Gemeinden Ofterschwang und Obermaiselstein am Riedberger Horn brauchen, sondern auch die von allen anderen."

Das Riedberger Horn wird im Winter von Skitourengehern genutzt. Und im Sommer ziehen die weiten, baumfreien Grashänge viele Wanderer an. Naturnaher Tourismus, sagt Eben, sei auf jeden Fall möglich.