Der Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Heinrich Bedford-Strohm, hat eine Zwei-Staaten-Lösung für den Nahen Osten angemahnt. Israel und ein Staat Palästina müssten endlich in Frieden nebeneinander und miteinander in der Region existieren, sagte der frühere bayerische Landesbischof Bedford-Strohm in Genf.

Das Ziel der Zwei-Staaten-Lösung dürfe angesichts des aktuellen bewaffneten Konflikts zwischen der Terrororganisation Hamas und Israel nicht aus den Augen verloren werden. Der Vorsitzende des Zentralausschusses des Ökumenischen Rates der Kirchen verurteilte mit scharfen Worten den Terrorangriff der Hamas auf Israel, der am 7. Oktober den aktuellen bewaffneten Konflikt in Nahost ausgelöst hatte.

"Die brutalen Morde der Hamas in Israel haben mich zutiefst geschockt", sagte der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Ex-Landesbischof in Bayern und verwies auf eine klare Verurteilung der Hamas-Morde in der Erklärung des Weltkirchenrates bei seiner jüngsten Sitzung in Nigeria. "Die Erklärung des Weltkirchenrates von Nigeria zu dem Konflikt in Nahost prangert auch die weltweit ansteigende Gewalt gegen Juden an", sagte Bedford-Strohm: "Antisemitismus ist eine Sünde gegen Gott."

Gleichzeitig seien er und die Führung des ÖRK "zutiefst erschüttert über den hohen Verlust von Menschenleben im Gaza-Streifen" infolge der israelischen Offensive gegen die Hamas. Auch die Gewalt jüdischer Siedler gegen Palästinenser im Westjordanland sei nicht zu akzeptieren.

Er wies Vorwürfe zurück, wonach die Leitung des ÖRK einseitig Partei für die Palästinenser im Nahost-Konflikt ergreife oder sogar antisemitische Tendenzen aufweise: "Der Vorwurf des Antisemitismus ist völlig absurd, niemand in der ÖRK-Führung ist antisemitisch", betonte der frühere bayerische Landesbischof. "Ich glaube und ich hoffe sehr, dass unsere jüdischen Freunde in Deutschland und in anderen Ländern das sehen."

Der ÖRK-Zentralausschuss hatte Bedford-Strohm im September 2022 zu seinem Vorsitzenden gewählt. In dem ökumenischen Dachverband mit Sitz in Genf sind 352 Kirchen zusammengeschlossen, die mehr als 500 Millionen Christen verschiedener Konfessionen repräsentieren. Zu der ÖRK-Region "Mittlerer Osten" gehören 15 christliche Kirchen.

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Pfarrer Thomas am Mi, 29.11.2023 - 15:41 Link

Schauen wir uns doch einfach mal das Statement des Exekutivkomitees des ÖRK / WCC (dem Herr Bedford-Strohm angehört) zum Krieg in Israel/Gaza von Mitte November genau an:

(1) Verurteilung von Antisemitismus als "Sünde gegen Gott und Menschheit":
Hier konnte sich das Exekutivkomitee offensichtlich (mal wieder) nicht dazu durchringen, selbst Antisemitismus klar abzulehnen, sondern "wiederholt die Bekräftigung" der (angeblich "kategorischen") Verurteilung des Antisemitismus aus der Gründungsversammlung 1948 in Amsterdam. Diese Verurteilung ist allerdings keineswegs so kategorisch wie behauptet, sondern steht im Kontext eines Textes, in dem es hauptsächlich darum geht, nach jahrhundertelangem Antijudaismus in der Kirche endlich wieder glaubwürdig Zeugnis von Jesus Christus gegenüber Juden ablegen zu können. Der Text von 1948 nimmt Juden fast nur als Objekte (christlicher "Mission") in den Blick. Einige Zitate aus dem unmittelbaren Kontext der angeblich "kategorischen" Verurteilung von 1948:
"The Church has received this spiritual heritage from Israel and is therefore in honour bound to render it back in the light of the Cross. We have, therefore, in humble conviction to proclaim to the Jews 'The Messiah for Whom you wait has come'. The promise has been fulfilled by the coming of Jesus Christ."
"Only as we give convincing evidence to our Jewish neighbours that we seek for them the common rights and dignities which God wills for His children, can we come to such a meeting with them as would make it possible to share with them the best which God has given us in Christ."
Das WCC wurde damals bei der Diskussion 1948 schon deutlich darauf hingewiesen, dass eine solche Haltung gegenüber dem Judentum inakzeptabel ist:
"dr. heering said that to himself and to his Church, the Remonstrant Brotherhood, the draft was quite unacceptable. It contained many telling statements, but to all who had at heart the sufferings of the Jews it must seem impossible to preach to a people which had gone through so much."
Warum kann das Exekutivkomitee nicht einfach selbst Antisemitismus jetzt kategorisch ablehnen, anstatt sich auf einen so problematischen Text zu beziehen? - Ich fürchte, das hat damit zu tun, dass ein großer Teil der Mitgliedskirchen noch genau so denken wie die WCC-Gründungsversammlung 1948.

(2) Das Statement des Exekutivkomitees des WCC benennt zwar jetzt (erstmals, wenn ich Recht sehe) die "brutal attacks" der Hamas, allerdings ist die Wortwahl im Vergleich zu der im Hinblick auf die israelischen Bomben auf Gaza recht ungleich:
Israelische Opfer werden als "bereaved, held hostage or otherwise affected" beschrieben und die Taten der Hamas als "killing of so many innocent ... as well as taking hostages and the use of civilians as human shields".
Das Leid der Opfer in Gaza wird dagegen wesentlich konkreter und detailreicher geschildert: "grieving for loved ones buried under the rubble of destroyed buildings, and enduring continuous intense bombardment". Und das Handeln der Israelis wird als "disproportionate retaliation" bezeichnet und dann wesentlich ausführlicher als die Taten der Hamas beschrieben. Wäre der Text tatsächlich auch nur annähernd ausgewogen, dann würde ich erwarten, dass es im Hinblick auf das Handeln der Hamas seit dem 7. Oktober nicht bei abstrakten Formulierungen wie "Töten Unschuldiger ... Geiselnahme ... menschliche Schutzschilde" bleibt, sondern wesentlich konkreter geschildert wird, was am 7. Oktober (und seitdem) passiert ist.

(3) Das Handeln der Israelis wird - wie schon erwähnt - im Statement des Exekutivkomitees als "disproportionate retaliation" (unverhältnismäßige Vergeltung) bezeichnet. Meines Wissens ist das kein erklärtes Kriegsziel des Staates Israel, sondern eine Interpretation des WCC, die Israel moralisch verwerfliche Motive unterstellt, ohne dies auch nur annähernd zu begründen. (Ein Schelm, wer dabei an die Geschichte des christlichen Antijudaismus denkt.)
Die ÖFFENTLICH ERKLÄRTEN Ziele und Motive der Hamas dagegen finden in dem Text keine Erwähnung: nämlich die öffentliche Ankündigung der Wiederholung der Taten vom 7. Oktober bei entsprechender Möglichkeit und die Vernichtung des Staates Israel.

Fazit: Das Statement des Exekutivkomitees von Mitte November ist nur oberflächlich besehen ein ausgewogener Text, tatsächlich ist er im Gewand der Ausgewogenheit ein weiteres Zeichen für die Lebendigkeit des Anti-Israelismus in der Weltchristenheit.