Die Vorsitzende des Bayerischen Hebammen Landesverbands, Mechthild Hofner, hält Forderungen der Grünen-Landtagsfraktion zur Förderung der Hebammen im Grundsatz für sinnvoll. Sie stellte am Freitag im Gespräch mit dem Sonntagsblatt fest, dass sich zwar die Zahl der bayerischen Hebammen seit 2019 kontinuierlich erhöht habe.

Ihr Verband verzeichne derzeit mit knapp 3.700 Mitglieder einen Höchststand. Das hänge wohl auch mit der Einführung des" Aktionsprogrammes für die Sicherstellung der Hebammenversorgung in Bayern" durch das Staatsministerium zusammen.

"Die Förderprogramme haben durchaus bewirkt, dass Kolleginnen in den Beruf zurückgekehrt sind oder sich neu niedergelassen haben", sagte Hofner. Allerdings würden viele ihrer Berufskolleginnen "aus Eigenschutz" wegen der hohen Anforderungen und einer belastenden Arbeitssituation nicht in Vollzeit arbeiten.

Wie viele Fachkräfte wirklich in den Kreißsälen oder der Wochenbettbetreuung zur Verfügung stünden, werde ein Fachkräftemonitoring ergeben, das vom Staatsministerium für Gesundheit und Pflege in Auftrag gegeben wurde. Der Start sei für Juli vorgesehen, sagte Hofner.

Hebammen: Was Hofner im Detail fordert

Wichtig ist ihr, dass die akademische Hebammenausbildung weiterhin gut begleitet und unterstützt wird. Bayern werde zum Wintersemester 2023/2024 an insgesamt neun Hochschulstandorten Hebammen ausbilden. "Da dieser primärqualifizierende, duale Studiengang Hebammenkunde sehr aufwendig in der Gestaltung und Umsetzung ist, braucht es hier immer wieder Nachsteuerung zur personellen und finanziellen Ausstattung der Hochschulen, aber auch der Hebammen, die in der Praxisanleitung die berufspraktische Ausbildung der Studierenden an den Kliniken begleiten", sagte die Verbandsvorsitzende.

"Das ist immer noch Pionierarbeit", sagte sie und sprach sich auch für Stipendien für Hebammen aus, die in Lehre und Forschung wechseln und den Nachwuchs ausbilden wollen.

"Eine gesunde, glückliche Geburt ist doch im Interesse der gesamten Gesellschaft, das ist ein Mehrwert und eine Kostenersparnis auf lange Sicht", sagte Hofner. Die finanziellen Voraussetzungen dafür, beispielsweise für die Ein-zu-eins-Betreuung bei der Geburt, müsse die Bundespolitik schaffen. Derzeit stehe auch die geburtshilfliche Versorgung im Rahmen der geplanten Krankenhausreform auf dem Prüfstand: Eine hebammengeleitete Geburtshilfe könnte künftig das flächendeckende geburtshilfliche Angebot sichern und müsste dafür ausreichend finanziert werden.

Hofner berichtete, dass es auch in Bayern noch Engpässe, mancherorts auch "eklatante Unterversorgungen" mit Hebammen gebe. Allerdings sei die Situation wegen vieler Faktoren, wie steigender Energiepreise oder dem Fachkräftemangel im gesamten Gesundheitssektor sehr komplex. Nach den Erfahrungen der Corona-Pandemie sei ihr persönliches Anliegen vor allem, "dass Geburtshilfe zu jeder Zeit und unter allen Umständen für Frauen und Familien offen, verlässlich und sicher zugänglich bleiben muss".

Landtags-Grüne fordern bessere Bedingungen für Hebammen

 Die Grünen im Bayerischen Landtag haben ein Forderungspapier verfasst, in dem Verbesserungen für die Hebammen-Versorgung und die Arbeitsbedingungen der Hebammen im Freistaat zusammengefasst sind. Es gebe mit rund 3.500 Hebammen zwar so viele Hebammen wie noch nie zuvor im Freistaat, heißt es in dem Papier, das dem Sonntagsblatt vorliegt. Jedoch arbeiteten etliche Hebammen in Teilzeit oder auf Minijob-Basis. Sie kämpften zudem mit gewaltiger Arbeitsbelastung und schlechten Arbeitsbedingungen.

"Der bayerische Hebammenmangel ist schon lange bekannt, Lösungen liegen auch schon lange auf dem Tisch, aber die Staatsregierung lässt die Frauen und Kinder im Stich", sagte Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze dem Sonntagsblatt.

"Hebammen geben Müttern und auch Vätern eine unverzichtbare Hilfestellung und Sicherheit - vor, während und nach der Geburt. Doch sie haben es in Bayern immer noch schwer".

Schulze kritisierte, dass die Landesregierung mit vermeintlich guten Zahlen über die schwierige Situation in der Hebammen-Versorgung hinwegtäusche. Die Landtags-Grünen fordern, "umgehend die Weichen zu stellen für bessere Arbeitsbedingungen, die Aufwertung dieses wichtigen Berufs sowie die Verbesserung der Versorgungsqualität für Kinder, werdende Mütter, Mütter und Familien".

Zu den konkret geforderten Maßnahmen gehört ein erweitertes bayerisches Förderprogramm für Hebammen in Höhe von sechs Millionen Euro pro Jahr. Damit sollen Hebammen unter anderem Zuschüsse zur Gründung von Hebammenpraxen und Geburtshäusern bekommen. Auch Stipendien sollen so finanziert werden. Die Grünen fordern außerdem die Einführung hebammengeleiteter Kreißsäle in jeder Geburtsklinik, eine Entlastung von fachfremden Tätigkeiten und eine Steigerung der Anzahl der Hebammen in Kreißsälen, um eine Eins-zu-Eins-Betreuung während der Geburt zu ermöglichen.

Um Schwangeren die Suche nach einer Klinik und Hebammen die Suche nach einer Stelle zu erleichtern, sollen Geburtskliniken ihren Hebammen-Betreuungsschlüssel veröffentlichen. Zudem sollten Daten zum Hebammenmangel sowie auch zum Bedarf an Studienplätzen in Bayern systematische und kontinuierlich erhoben werden.

"Bayern muss jetzt umfassend handeln. Sonst eskaliert das Problem des Hebammenmangels in Bayern endgültig", betonte Schulze.

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