Angesichts der sich auch in Deutschland ausbreitenden Affenpocken warnt die Münchner Aids-Hilfe vor Panikmache. Zuerst müsse herausgefunden werden, wie die Affenpocken genau übertragen werden und wie man sich schützen kann, sagte der Geschäftsführer der Münchner Aids-Hilfe, Tobias Oliveira Weismantel, am Montag dem Sonntagsblatt.

Erster Fall von Affenpocken in Deutschland

Der erste Fall von Affenpocken in Deutschland war am vergangenen Donnerstag (19. Mai) in München nachgewiesen worden, seitdem sind laut Bundesgesundheitsministerium drei weitere Fälle in Berlin bekanntgeworden. Insgesamt wurden mehrere Dutzend Fälle in Ländern bestätigt, in denen das in West- und Zentralafrika heimische Virus normalerweise nicht auftritt. Bekannt sind derzeit vor allem - aber nicht ausschließlich - Infektionen bei homo- und bisexuellen Männer.

Tobias Oliveira Weismantel neben mehreren Regenbogen-Fahnen
Tobias Oliveira Weismantel, Geschäftsführer der Münchner Aids-Hilfe.

Da bislang sehr viele Männer betroffen seien, die Sex mit Männer (MSM) haben, bestehe die Gefahr der Diskriminierung, warnte Oliveira Weismantel. Die Affenpocken dürften nicht vorschnell allein der MSM-Gruppe zugeordnet werden, auch wenn hier die ersten Fälle aufgetreten seien. Das Virus werde wohl zuvorderst durch Tröpfchen- und Schmierinfektionen sowie durch engen Körperkontakt übertragen - das treffe aber nicht nur auf die MSM-Gruppe zu.

Hoffnung, dass Hetzjagden auf Schwule vorbei sind

Er hoffe jedenfalls, dass die Zeiten mit Hetzjagden auf Schwule wie in den 1980-er Jahren, als sich das HI-Virus ausbreitete, vorbei seien, sagte Weismantel. Wer Symptome habe, die auf Affenpocken hindeuten, der solle schnell zum Arzt gehen, rät er. Die Affenpocken seien seit den 1950-er Jahren bekannt, es gebe Medikamente, außerdem schütze die bis 1980 in Deutschland verabreichte Pockenimpfung vermutlich auch vor den Affenpocken.

Der erste Fall von Affenpocken außerhalb der üblichen Verbreitungsgebiete in Afrika wurde Anfang Mai in Großbritannien nachgewiesen. Laut Robert Koch-Institut (RKI) erkranken die Betroffenen nicht schwer. Für eine Übertragung sei nach derzeitigem Wissen ein enger Kontakt erforderlich. Das RKI geht derzeit daher davon aus, dass der Ausbruch begrenzt bleibt. Eine Gefährdung der breiten Bevölkerung in Deutschland werde als gering eingeschätzt.

Risikogruppen gezielt ansprechen

Das RKI beginnt außerdem mit der Deutschen Aidshilfe (DAH) und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gezielte Kommunikation an mögliche Risikogruppen. Die Behörden verfolgen derzeit die Kontakte der Betroffenen, Erkrankte werden isoliert. Typische Symptome sind Fieber, Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen, geschwollen Lymphknoten sowie ein Ausschlag, beginnend von Gesicht oder Genitalbereich.