Mit dem Ende von Corona-Beschränkungen ist laut Amnesty International die Zahl der Todesurteile und Hinrichtungen im vergangenen Jahr weltweit wieder gestiegen.

Zur mörderischen Tagesordnung übergegangen

Einige der "produktivsten Henker der Welt" seien wieder zur Tagesordnung übergegangen, erklärte die Menschenrechtsorganisation zu ihrem Todesstrafen-Bericht 2021. Registriert wurden demnach mindestens 579 Hinrichtungen in 18 Ländern - 20 Prozent mehr als 2020, als mit 483 Exekutionen ein Rekordtief gemeldet worden war.

Amnesty spricht von einem besorgniserregenden Anstieg, dennoch sei es weiterhin die zweitniedrigste Zahl seit 2010. Den größten Anteil an der Zunahme der Hinrichtungen habe im vergangenen Jahr der Iran gehabt, heißt es in dem Bericht. Dort sei an mindestens 314 Menschen die Todesstrafe vollzogen worden, vielfach im Zusammenhang mit Drogendelikten und damit im Widerspruch zu internationalem Recht. Nach 246 Exekutionen im Jahr zuvor sei dies die höchste Zahl seit 2017 gewesen.

Trauriger Spitzenreiter: China

Amnesty geht davon aus, dass es aber auch 2021 die mit Abstand meisten Hinrichtungen in China gab. Das wahre Ausmaß der Anwendung der Todesstrafe bleibe jedoch ungewiss, da die chinesische Regierung diese Daten als Staatsgeheimnis behandele, betonen die Menschenrechtler. So seien erneut die Tausenden von Todesurteilen,die in China mutmaßlich verhängt und auch vollstreckt worden seien, in der weltweiten Bilanz zur Todesstrafe nicht enthalten.

Auch Zahlen zu Nordkorea und Vietnam seien nicht aufgenommen worden, da staatliche Statistiken und unabhängige Informationen fehlten. Amnesty nimmt jedoch an, dass auch diese beiden Staaten 2021 "übermäßig stark" auf die Todesstrafe zurückgriffen.

Iran, Ägypten, Saudi-Arabien und Syrien

Nach China und dem Iran folgen als Länder mit den meisten Vollstreckungen der Todesstrafe Ägypten (83 bekannte Fälle), Saudi-Arabien (65) und Syrien (24). In Saudi-Arabien seien dabei die Hinrichtung im Vergleich zum Vorjahr um 140 Prozent angestiegen - in einem Trend, der sich in diesem Jahr bereits fortgesetzt habe mit 81 Exekutionen an einem einzigen Tag im März.

Belarus, Japan und die Vereinigten Arabischen Emirate nahmen dem Bericht zufolge nach Unterbrechungen im Vorjahr wieder Hinrichtungen auf. Im Gegensatz zu 2020 dokumentierte Amnesty International in Indien, Katar und Taiwan 2021 keine Exekutionen.

Corona hatte Strafverfahren verzögert

Nach dem Ende von Verzögerungen und Einschränkungen bei Strafverfahren wegen Corona seien 2021 mindestens 2.052 neue Todesurteile in 56 Ländern verhängt worden, heißt es in dem Bericht. 2020 waren es demnach 1.477 in 54 Ländern. Einige Staaten hätten verstärkt auf die Todesstrafe als Mittel der Repression zurückgegriffen, wie etwa Myanmar. Zum Jahresende hätten sich weltweit mindestens 28.670 Personen im Todestrakt befunden.

Trotz aller alarmierender Entwicklungen gebe es aber auch positive Signale bei der Abkehr von der Todesstrafe. So hätten im vergangenen Jahr Sierra Leone, Kasachstan oder Papua-Neuguinea die Abschaffung auf den Weg gebracht, weitere Länder hätten den Prozess eingeleitet.

Ende 2021 war laut Amnesty in 144 Ländern die Todesstrafe im Gesetz oder in der Praxis außer Vollzug gesetzt.