Endlich wacht die Gesellschaft auf. Millionen von Menschen sind in den vergangenen Wochen gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen. Die Demonstrationen zeigen, dass die große Mehrheit der Bürger zur Demokratie steht und genug hat von den Vergiftungen des Miteinanders. Deswegen treten sie den Ausgrenzern und Ultrarechten klar entgegen.

Einer, den man bei den Großdemonstrationen bisher nicht antreffen konnte, ist der Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger. Mit Skepsis beäugt er die Protestbewegung und diffamiert sie. Statt sich als stellvertretender Ministerpräsident Bayerns über den großen Zuspruch zur Demokratie zu freuen, kritisierte er auf der Plattform X, dass Teile der Demonstrationen "von Linksextremen unterwandert" gewesen seien.

Das Gros der Menschen, die in Bayern  auf die Straße gehen, sind ganz normale Bürger

Damit schießt er nun wirklich über das Ziel hinaus. Mag es anfangs vereinzelt Äußerungen gegeben haben, die bei der "Demo gegen rechts" auch gegen die bayerischen Regierungsparteien wetterten; aber das Gros der Menschen, die in Bayern Woche für Woche für die Demokratie auf die Straße gehen, sind keine Linksextremen, sondern ganz normale Bürger.

Dabei ist nicht zu vergessen, was der Auslöser für die schweigende Mehrheit war, aufzustehen und für die Demokratie einzutreten: Mitte Januar hatte das Recherche-Netzwerk Correctiv enthüllt, dass bei einem Geheimtreffen in Potsdam, an dem unter anderem Vertreter von AfD und WerteUnion teilgenommen hatten, auch über "Remigration" gesprochen wurde. Darum geht es bei den Märschen gegen "rechts". Das sollte auch bei den Freien Wähler ankommen.

Steht er zur Allianz der Demokraten?

Während viele Kreisverbände der CSU und der Jungen Union den Demo-Aufrufen gefolgt sind, sind die Freien Wähler dort selten vertreten – auffallend oft fehlen sie dort, wo die Rechts­extremen ihre Hochburgen haben, in Niederbayern und der Oberpfalz.

Spätestens jetzt müssen sich die Freien Wähler fragen lassen, wo sich ihr Chef Aiwanger verorten lässt. Der Publizist Michel Friedmann kritisierte ihn scharf und ordnete ihn

"zwischen Geschoss Demokratie und dem Geschoss AfD"

ein.

Noch sieht es danach aus, als fischte Aiwanger Wählerstimmen bei allen Unzufriedenen. Immerhin hat ihm sein antisemitisches Flugblatt aus Schulzeiten satte Wahlgewinne beschert. Aber das Gift, das er jetzt verspritzt – ob in Erding oder auf Bauern-Demos –, um Stimmungen zu schüren und zu befeuern, hat eine andere Dimension. Deshalb muss er sich fragen lassen: Steht er zur Allianz der Demokraten?

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