Für Urlauber ist es ein Paradies. Doch für viele Bewohnerinnen und Bewohner Sansibars ist das Leben hart. Sie schuften auf Gewürzplantagen, verdienen ihr Geld als Fischer oder arbeiten als Kellnerinnen. Nun will die Regierung der halb-autonomen, zu Tansania gehörenden Insel Investitionen aus dem Ausland anlocken - und mehr Wohnraum schaffen.

Deutsche Baufirma baut mit

Mit von der Partie ist die deutsche Baufirma CPS. Sie wurde von der Regierung mit einem Großprojekt betraut, dem Bau einer neuen Stadt am Meer: Fumba Town. Etwa zwanzig Minuten Autofahrt Richtung Süden sind es von der Hauptstadt Stone Town. Die Straße ist gesäumt von flachen Häusern, Bananenstauden, Kokospalmen und Mangobäumen.

Entwickler von Fumba Town sind Tobias und Sebastian Dietzold, zwei Brüder aus Leipzig, die als Kinder von Missionaren zeitweise in Tansania aufgewachsen sind. Sie haben die Firma gegründet, die seit 2018 Häuser baut. Für die breite Bevölkerung der Insel bietet die neue Stadt allerdings eher keinen Wohnraum.

Fumba Town: Freundliche Bauweise, aber für wen?

An diesem Samstag ist viel los in Fumba Town. Wo normalerweise die weißen Häuser und staubigen Straßen ausgestorben unter der erbarmungslosen Sonne brüten, herrscht geschäftiges Treiben. In Stone Town findet das jährliche "Sauti za Busara”-Musikfestival statt, und auch in Fumba Town steht eine Bühne, auf der Bands aus Tansania und Südafrika spielen.

Die Stimmung passt zur freundlichen Bauweise der Siedlung: Nur die nötigsten Flächen werden versiegelt, die Schatten vieler Bäume machen die Hitze erträglich. Das Wasser wird vor Ort geklärt, und wieder ins Grundwasser eingespeist. Die Bauten sind so ausgerichtet, dass die saisonalen Winde die Räume kühlen. Das Projekt hat mehrere internationale Architekturpreise gewonnen.

Doch bisher wurden nur etwa 30 Prozent der 1.200 Häuser von Einheimischen gekauft. Manche Ausländer wollen gar nicht in Fumba Town wohnen, sondern erstehen Ferienwohnungen, um sie bei steigenden Preisen gewinnbringend weiterzuverkaufen. Zwischen umgerechnet 50.000 und 500.000 Euro kosten die Wohnungen und Häuser in der neuen Stadt aktuell. Das Durchschnittseinkommen in Tansania liegt bei umgerechnet knapp 3.000 Euro im Jahr.

Dabei sollte Fumba Town eigentlich ein Ausweichort für Stone Town werden. In den vergangenen zehn Jahren ist die Einwohnerzahl der Hauptstadt von 600.000 auf 900.000 Menschen gestiegen. Es wird eng in den Gassen, die sich um das alte Fort aus dem 18. Jahrhundert drängen. Die Behörden schaffen es nicht, genug Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

Einheimische haben kaum Zugang

Vor sieben Jahren hat die Regierung den Brüdern Dietzold 60 Hektar Land für Fumba Town unter der Bedingung verpachtet, dass sie es entwickelt. Bis dahin bauten Einheimische dort Bananen und Papayas an. Die deutsche Firma CPS hat den Menschen die Bäume abgekauft. Nun ist die Gegend kaum noch für sie zugänglich, es sei denn, sie arbeiten in der neuen Stadt.

Fatma Khamis ist eine der Sansibaris, die in Fumba leben. Sie ist Staatssekretärin im Tourismusministerium und konnte es sich 2019 leisten, ein Haus zu kaufen. Sie mag die Ruhe und dass es nette Gemeinschaftsmomente gibt, so wie heute. Es ist ein friedliches Leben in Fumba, Supermarkt vor der Schranke zur Wohnanlage, eine Arztpraxis gibt es auch. Nur der Staub stört, sagt sie. Denn Fumba wird konstant erweitert. Neue Häuser werden erst dann gebaut, wenn sie verkauft sind.

Die Regierung will Tourismus und Investitionen aus dem Ausland fördern, auch ein IT-Hub für digitale Nomaden soll in Fumba Town entstehen. Wenn die Insel nicht aufpasst, droht ihr ein ähnliches Schicksal wie der Ferieninsel Bali in Indonesien. Dort steigen die Preise für Land und Nahrungsmittel so extrem, dass sich Einheimische das Leben immer weniger leisten können. Auch das Wasser wird knapp. Je mehr Land privatisiert wird, desto weniger funktioniert der traditionelle, gemeinschaftliche Lebensstil.

Immerhin: das Meer bleibt weiter öffentlich zugänglich in Fumba Town, das ist Gesetz in Sansibar. Bald soll hier eine Promenade entstehen und ein Fischmarkt, wo die Fischer aus den umliegenden Dörfern ihren frischen Fang anbieten können. Doch auch diese Idee dient letztlich vor allem nur einer kleinen privilegierten Elite.

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