Kinder und Erwachsene können diesen Sonntag (22. Mai) in vielen Frei- und Hallenbädern in Süddeutschland das "Seepferdchen" oder andere Schwimmabzeichen machen. Diesen "Tag des Schwimmabzeichens" sieht der Vorstand der Stiftung "Deutschland schwimmt", Alexander Gallitz, kritisch.

Es sei zwar begrüßenswert, das Thema Schwimmen in die Köpfe von Müttern und Vätern hineinzubekommen, sagte er dem Sonntagsblatt. Er befürchte aber, dass Kinder und Eltern enttäuscht werden könnten, wenn sie das Abzeichen nicht schaffen:

"Wenn die Familien sagen 'Das ist cool, da gehen wir hin!' und dann schaffen die Kinder nur fünf oder zehn Meter zu schwimmen, ist das für alle frustrierend."

Er schätzt, dass nur 30 Prozent der Kinder das Bronze-Abzeichen schaffen können und plädiert daher für eine Vorabprüfung. Bei der könnten sich Schwimmlehrer oder Bademeister anschauen, was die Kinder schon können - und ob es sinnvoll ist, dass sie zur Abzeichen-Prüfung antreten.

Schwimmunterricht bleibt in Deutschland Stiefkind

Obwohl die Schwimmbäder nach dem Pandemie-Lockdown wieder geöffnet sind, bleibt der Schwimmunterricht in Deutschland weiter ein Stiefkind, stellt Gallitz fest, der auch Präsident des Deutschen Schwimmlehrerverbandes ist:

"Wir schwimmen weiter hinterher."

Grund dafür sei, dass etwa in Reha-Zentren oder Klinik-Schwimmbädern Unterrichtsgruppen oft noch nicht wieder eingelassen würden. "Zum Beispiel in Pegnitz haben wir für die Schwimmstunden eine Warteliste von zwei Jahren", erläuterte er.

Kinder lernen Schwimmen nicht in der Schule

Gallitz, der aus dem fränkischen Burgthann stammt und derzeit auf Usedom eine Filiale seiner Schwimmschule aufbaut, findet es erschreckend, dass neunjährige Kinder Angst hätten, ins Wasser zu gehen. Das führt er auf eine falsche Einstellung der Eltern zurück, "die denken, ihre Kinder lernen das Schwimmen in der Schule".

Zuvor müsste aber schon den Allerkleinsten die Angst vor dem Wasser genommen werden: "80 Prozent der Kinder sind nicht Wasser-gewöhnt." Sie sollten aber schon in der Badewanne das Blubbern unter Wasser lernen, später das Ins-Wasser-Springen und Tauchen. Gallitz fürchtet, die schlechte Schwimmausbildung "fliegt uns um die Ohren, wenn die Kinder dann mit 15 Jahren an die Baggerseen gehen".

Auch die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) und der bayerische Schwimmverband sorgen sich, dass nach Corona eine "Generation Nichtschwimmer" entsteht und veranstaltet daher den Tag des Schwimmabzeichens in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, bei dem auch Erwachsene das Schwimmabzeichen in Bronze (früher Freischwimmer) ablegen können. Mit diesem Abzeichen gilt man als sicherer Schwimmer.