Seit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) einen Entwurf zur Streichung des Paragraf 219 a aus dem Strafgesetzbuch vorgelegt hat, ist die Diskussion um das Werbeverbot für Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche anbieten, neu entflammt. Für Sabine Simon, Leiterin der staatlich anerkannten Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen im Evangelischen Beratungszentrum München, ist der Beschluss überfällig.

Frau Simon, künftig könnten Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, auch im Internet über ihre Leistungen informieren. Begrüßen Sie das?

Sabine Simon: Ja, sehr! Die Streichung des Paragrafen bedeutet ja nicht, dass künftig im Anzeigenblatt Werbung für Abtreibungen gemacht wird, nach dem Motto: Diese Woche 20 Prozent Rabatt! Das verbietet schon die ärztliche Berufsordnung. Wenn Ärzte aber endlich auf ihren Internetseiten auflisten können, bis zu welcher Woche sie Schwangerschaftsabbrüche anbieten und mit welchen Methoden, können sich Frauen rasch und vollständig informieren. Dann bleibt in der Beratung auch mehr Zeit zur Klärung von inhaltlichen Fragen.

Kritiker befürchten, dass die Zahl von Abtreibungen steigt, wenn das Werbeverbot wegfällt. Teilen Sie diese Sorge?

Sabine Simon: Solche Behauptungen finde ich zynisch und frauenverachtend. Die Entscheidung über Austragen oder Abbruch einer ungeplanten und ungewünschten Schwangerschaft fällt nicht zwischen Frühstück und Mittagessen.

Sie ist für jede Frau eine emotionale Belastung und stellt oft alles in Frage: Habe ich genügend Kraft, was ist mit meiner Partnerschaft, warum konnte mir das überhaupt passieren?

Auch die Pflichtberatung wird von vielen zunächst als beschämend empfunden. Die meisten sagen aber hinterher: Ich habe mich unterstützt gefühlt, wie auch immer meine Entscheidung jetzt aussieht. Umso schlimmer finde ich, dass man den Frauen durch das bisherige Werbungsverbot noch zusätzliche Hürden in den Weg stellt, obwohl sie alle gesetzlichen Vorgaben für einen straffreien Abbruch erfüllt haben.

Blieben nach einer Streichung des Paragraf 219 a noch Forderungen offen?

Sabine Simon: Die Debatte um den Paragraf 219a StGB hat auch eine gesellschaftliche Diskussion um den Paragraf 218 angestoßen: Ist der Schutz des ungeborenen Lebens wirklich nur durch Regelungen des Strafgesetzbuch bestmöglich gewährleistet? Wollen wir wirklich weiterhin Frauen, die eine Schwangerschaft abbrechen möchten, kriminalisieren? Oder wäre der Lebensschutz auch durch eine andere Regelung, z.B. in einem Gesundheitsgesetz, gewährleistet? Diese gesellschaftliche und politische Auseinandersetzung ist jetzt nötig.