Barbara Servatius pflegt ihre 92-jährige Mutter. Wo sie Hilfe herbekommt, wenn sie selbst einmal eine Auszeit braucht, wie sie einen Antrag für Hilfsmittel oder eine Putzkraft stellt, wie sie gegen eine Pflegestufeneinordnung vorgeht - all das müsse sie selbst herausfinden, kritisiert die Frau.

"Informationen kommen nur tröpfchenweise."

Bei der Pressekonferenz des Sozialverbands VdK am Donnerstag in München steht Servatius für die Gruppe der pflegenden Angehörigen, die der VdK in diesem Jahr zum Kampagnen-Thema gemacht hat. Auch in der häuslichen Pflege hat die Corona-Pandemie Spuren hinterlassen, erklärt die Landesvorsitzende des VdK, Ulrike Mascher.

Lage spitzt sich zu

Weil es immer weniger Pflegepersonal gebe, spitze sich auch hier die Lage zu, so Mascher. Ambulante Pflegedienste würden Verträge kündigen. Ganze Stationen in Pflegeheimen würden geschlossen. "Es gibt keine staatlichen Versorgungsansprüche für Pflegebedürftige", bemängelt Mascher. Zugleich würde die Pflege - gerade im Heim - immer teurer. Durchschnittlich müssten die Menschen derzeit 2.238 Euro zuzahlen. 33.000 Personen hätten allein in Bayern daher Hilfe zur Pflege in Anspruch nehmen müssen. "Das ist für sie meist beschämend", so Mascher.

Sie kritisierte auch, dass die bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) vor ein paar Wochen einen Sozialbericht vorgelegt habe, in dem das Wort Armutsgefährdung so gut wie gar nicht vorkomme. Bayern werde "als die beste aller Welten" dargestellt, "dabei werden die Maschen im sozialen Netz in Bayern immer größer", so Mascher.

Bild vom gemütlichen Bayern im Ruhestand nicht Realität

Viele Rentnerinnen und Rentner könnten sich die Lebenshaltungskosten, die in Bayern höher seien als anderswo, nicht leisten. Im Freistaat würde ein Mann im Durchschnitt 1.265 Euro Rente beziehen und eine Frau 766 Euro, rechnete sie vor.

"Das Bild des wohlhabenden Bayern, der im Ruhestand gemütlich vor seinem Eigenheim sitzt und das Leben genießt, ist nicht die Realität."

Aber auch Kinder und Jugendliche, besonders wenn ihre Mütter alleinerziehend seien, würden mehr Hilfen benötigen, sagte die VdK-Vorsitzende. Wenn sie an bestimmten Bereichen des Lebens nicht teilhaben könnten, würden die Weichen für das Leben gleich falsch gestellt.

Hilfe für Menschen mit niedrigem Einkommen

Punktgenaue Hilfen für Menschen mit niedrigen Einkommen forderte deshalb die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele. Damit ärmeren Menschen in Deutschland wegen der gestiegenen Energiepreise kein kalter Herbst und Winter drohe, müsse die Bundesregierung jetzt "schnell helfen", sagte Bentele bei der Pressekonferenz in München, damit aus den vielen Krisen nicht eine "große soziale Krise wird". Mit einem starken Sozialstaat sorge man für Stabilität in der Gesellschaft.

"Am Sozialstaat zu sparen, ist keine gute Idee."

Eine Förderung der Bürgerinnen und Bürger '"mit der Gießkanne" lehne der VdK ab, sagte Bentele, befürwortete zugleich aber den Vorschlag von CSU-Chef Markus Söder, die Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte zu senken. Sie sprach sich außerdem für einen Kündigungsschutz für Mieterinnen und Mieter aus, die wegen der gestiegenen Kosten ihre Rechnungen für Strom oder Heizung nicht mehr bezahlen könnten. Bentele begrüßte die Vorschläge des Bundesarbeitsministers Hubertus Heil (SPD) für ein Bürgergeld, stellte aber fest, dass dies über 600 Euro liegen müsse, wenn es existenzsichernd sein sollte.