Ein fatalistisches Zukunftsbild weckt in Menschen den Verdrängungs- und Fluchtinstinkt, statt sie zum Handeln zu animieren. Das hat die Vorsitzende des Fördervereins Scientists For Future in München, Manuela Troschke, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst epd mit Blick auf die Weltuntergangs-Uhr festgestellt. Die im Amerikanischen als Doomsday Clock bekannte Uhr wurde 1947 von der Zeitschrift Bulletin of the Atomic Scientists erdacht, um zu verbildlichen, wie nah die Menschheit an einer Auslöschung durch ihre eigenen Technologien steht. Seit 2020 steht die Weltuntergangs-Uhr auf 100 Sekunden vor Mitternacht - so nah wie nie zuvor, auch wegen der Klimakrise.

Auch die Klimaschutzgruppe "Letzte Generation" bezieht sich bei ihren Aktionen auf die Weltuntergangsuhr und will damit zeigen, wie dringend gehandelt werden müsse. "Ich denke, diese Bedrohungsszenarien aufzubauen, kann nach hinten losgehen", sagte dagegen die Volkswirtin, die auch EU-Klimabotschafterin ist.

"Ich halte nichts davon, die Tatsachen kleinzureden - die Temperatur steigt, wir haben Kipp-Punkte. Ins Handeln können wir aber nur kommen, wenn die Angst nicht die Überhand bekommt."

Ein großer Motivator sei ein Engagement in Gruppen, die das Gefühl vermitteln, etwas bewirken zu können, "egal ob das Kirchen sind, der Alpenverein oder For-Future-Gruppen."

Sich gegenseitig positiv zu bestärken und zusammenzuhalten, mache handlungsfähig.

"Ich verstehe die Wut der jungen Leute sehr gut", sagt Troschke, "und ich kann auch extremere Aktionsformen nachvollziehen. Gleichzeitig ist das nur eine der Möglichkeiten, sich zu engagieren - neben Politik, Bildung und anderen Handlungsoptionen." Es sei auch wichtig anzuerkennen, was sich im Bereich des Klimaschutzes in den letzten Jahren getan hat. "Es passiert zwar wenig und langsam, aber es passiert etwas. Im Vergleich zu den 20 Jahren vorher ist sogar unglaublich viel passiert."

Wichtig sei es, auch zu sagen: "Wir haben viel erreicht." So steige die Motivation, weiterzumachen.

Die Scientists For Future haben es sich zur Aufgabe gemacht, in Regionalgruppen vor Ort Wissen zu verbreiten und zwischen Institutionen und Aktivisten zu vermitteln. Auch international arbeite man mit Forschenden zusammen. Am von Fridays For Future angekündigten Klimastreik am 23. September werden auch die Scientists For Future München teilnehmen.

 

Die Geschichte der Weltuntergangs-Uhr Doomsday Clock

Die Doomsday Clock wurde 1947 von der Zeitschrift Bulletin of the Atomic Scientists erdacht. Die Wissenschaftler wollten damit zwei Jahre nach den Atombombenangriffen auf Japan der Weltbevölkerung verdeutlichen, wie groß die Gefahr eines Atomkriegs ist. Würde die Uhr Mitternacht erreichen, wäre dies mit dem Untergang der menschlichen Zivilisation gleichzusetzen.

Im ersten Jahr startete die Uhr sieben Minuten vor Mitternacht. 1953 war sie nach Wasserstoffbombentest der USA und der Sowjetunion bereits auf zwei Minuten vor Zwölf vorgerückt. 1984 stand die Uhr nach einer zwischenzeitlichen Entspannung auf drei vor Zwölf - ein Höhepunkt des Wettrüstens. Mit dem Ende des Kalten Krieges hatte sich die Lage entspannt, doch seitdem rücken die Zeiger immer weiter auf Mitternacht zu.

Die Entscheidung von 2020, die Uhr auf 100 Sekunden vor Zwölf zu stellen, wurde in den Folgejahren bestätigt.

Als Gründe gibt der Bulletin of the Atomic Scientists die komplexe Bedrohung durch sowohl einen möglichen atomaren Zwischenfall als auch die Klimakatastrophe an. Verschärft werde die Situation noch durch einen digitalen Informationskrieg, der durch Falschinformationen die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft untergrabe.

Seit 1973 trifft sich eine Gruppe Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Fachgebieten wie Atomtechnologie und Klimaforschung zweimal im Jahr, um über die Uhrzeit zu diskutieren. Zu den Sponsoren der Atomic Scientists gehören nach eigenen Angaben 13 Nobelpreisträger.