Sein katholischer Vater war ein Bauernbub, seine protestantische Mutter kam aus gutbürgerlichem Hause in Fürth: Ludwig Erhard, der den Ruf eines "Vaters des Wirtschaftswunders" erhalten hat, wurde als Lutheraner getauft und konfirmiert. Die Eltern seiner Mutter hatten letztlich das Weißwarengeschäft des Vaters finanziert. Erhards Frau Luise stammte aus einer Familie von Ziegeleibesitzern in Langenzenn und war ebenfalls evangelisch.

Ludwig Erhard: Ein evangelischer Christ

Ludwig Erhard war ein Mann, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg nicht scheute, seine Chancen zu nutzen. So ist die Einführung der D-Mark 1948 untrennbar mit seinem Namen verbunden. So auch die CDU  - obwohl er in Fürth und somit auf CSU-Gebiet wohnte - obwohl bis heute nicht klar ist, ab wann er formal wirklich CDU-Mitglied war.

CDU und CSU hatten für ihre Parteinamen den Begriff "Union" gewählt, um eine Einheit auch von katholischen und evangelischen Christen zu demonstrieren. Insbesondere weil Vertreibung und Flucht in Deutschland die Grenzen der Konfessionen aufgelöst hatten, gab es zwischen ihnen Spannungen. Innerhalb der CDU bestanden weiterhin Konflikte, weil der katholische Teil überwog. Deshalb betonte Erhard bisweilen, dass er ein evangelischer Christ sei.

Getauft in Fürth

Getauft wurde Erhard in Fürth zu Hause am 24. Februar 1897 von Pfarrer Naegelsbach. Die Konfirmation war 1910 in der Michaeliskirche durch Pfarrer Pöschel. Seinen Konfirmationsspruch behielt Erhard in Erinnerung. In Offenbarung 2, Vers 10 heißt es:

"Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben."

Kirchlich getraut wurde er mit der Kriegerwitwe Luise Schuster, geb. Lotter, im Dezember 1923. Die Taufe ihrer Tochter Elisabeth erfolgte – wie bei ihm selbst - in Privaträumen, und zwar im August 1926.

Ein weiterer Bogen schloss sich bei seiner Beisetzung auf dem Bergfriedhof in Gmund am Tegernsee, wo ein Freund von ihm, der evangelische Bischof Hermann Kunst, über Erhards Konfirmationsspruch sprach.

Zurückhaltend beim Kirchgang

Erhard reiste sehr viel. Beim Kirchgang war er hingegen offenkundig deutlich zurückhaltender. In späteren Jahren gehörte er in Bonn zur Gemeinde der Auferstehungskirche wie in Gmund zur evangelischen Erlöserkirche, die 1952 errichtet worden war.

Er zeigte nach außen keine besondere Frömmigkeit; es wird sicherlich eine Prägung gegeben haben, beim persönlichen Glauben nicht das Herz auf der Zunge zu tragen. Zum Beispiel sprach er eher von "Gläubigkeit" als vom "Glauben". Zugleich jedoch benutzte er biblische Begriffe und sogar Bibelzitate recht gerne in seinen Reden. Hinzu kommen Bekundungen zu Werten, die für ihn christlich geprägt waren wie Verantwortung und Freiheit. Manches Ernsthafte vermittelte er verstärkt in einer scherzhaften Form:

"Ich weiß, daß ich manchmal sündige. Aber ich weiß es jedenfalls noch, wann ich sündige; ich bin mir's vor meinem Gewissen jedenfalls bewusst, und das ist der Beweis dafür, daß es eben nicht eingeschlafen ist."

Wiederholt zeigte Erhard in seinem Leben keine Angst vor Mächtigen. Da verwundert es nicht, dass sich bei ihm auch manch Nähe zu Theologen und zur Theologie findet. So setzte er sich für die neutestamentliche Textforschung ein, in der sein Freund Hermann Kunst aktiv war. Erhard gründete dafür die Hermann Kunst-Stiftung 1964 mit; er leitete das Kuratorium von dessen Konstituierung 1967 an bis zu seinem Tod.

Ehrendoktor und lutherischer Laie

Erhard bekam insgesamt 20 Ehrendoktorwürden, darunter mehrere von katholischen Universitäten. Umso mehr schätzte er die theologische Ehrenpromotion, die er im Juli 1967 in den USA vom lutherischen Wartburg College in Waverly, Iowa, erhielt. Er wurde dort dafür geehrt, dass er sichtbar geworden sei als lutherischer Laie in einer Partei, deren Führungspersonal eher katholisch war. Zudem habe er sich engagiert für die praktische Beachtung christlicher Prinzipien in der allgemeinen Politik wie auch in der Wirtschaftspolitik.

In der Laudatio zu dieser Auszeichnung wurde sein Eintreten für den Erhalt des Friedens gewürdigt, der basiere auf einer Verständigung und dem praktischen Miteinander von Regierungen in internationalen Organisationen. Und er habe Führungskräfte in lutherischen Kirchen Westdeutschlands motiviert, sich für die Brüder in Ostdeutschland einzusetzen.

In seinem Dank reflektierte Erhard über die Aufgaben eines christlichen Laien im politischen und wirtschaftlichen Leben und sprach von der "Freiheit eines Christenmenschen" und einem christlichen Geist. Christliche Ziele anzustreben, mit vielen kleinen Beiträgen aufgrund einer inneren Verpflichtung, habe für ihn mehr Gewicht, als öffentliche Bekundungen abzugeben. Der Mensch als ein Geschöpf Gottes könne dies leisten, dank der Vergebung und Gnade.

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