Zweieinhalb Monate nach der Bundestagswahl steht die neue Bundesregierung. Dass der Bundeskanzler Olaf Scholz heißen würde, war schon länger klar. Mittlerweile stehen auch die Namen der 16 Bundesminister*innen fest. 

Schon der Koalitionsvertrag zeigte in Sachen Kirchen und Glauben eine Akzentverschiebung der Ampel im Vergleich zur Großen Koalition. Doch wie sieht es mit den einzelnen Protagonist*innen aus? Wir haben uns die Mitglieder des neuen Bundeskabinetts angeschaut. Im ersten Teil geht es um den Kanzler Scholz und sein Verhältnis zu Kirche und Glaube

Olaf Scholz: Aus der Kirche ausgetreten, aber kein Atheist

Olaf Scholz mag etwas spröde und trocken wirken, als Bundeskanzler wird er direkt mit seinem Amtsbeginn für ein absolutes Novum sorgen. Scholz ist der erste konfessionslose Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Vor einigen Jahren ist er aus der Evangelischen Kirche ausgetreten. 

Nun bedeutet konfessionslos aber keineswegs atheistisch. Scholz betont immer wieder, wie ihn Glaube und Kirche geprägt haben. "Als Politiker trete ich dafür ein, dass wir die christliche Prägung unserer Kultur wertschätzen", sagte er etwa der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA). Die Kirche habe ihm ein Wertegerüst mitgegeben, das ihm wichtig sei und nach dem er auch seine Entscheidungen ausrichte, so Scholz weiter.

Und noch mehr: Ob man die Grundlage unseres Zusammenlebens Solidarität nenne oder christliche Nächstenliebe, mache für ihn keinen Unterschied. 

Wie Scholz die Rolle der Kirche sieht

Welche gesellschaftliche Rolle der neue Bundeskanzler den Kirchen zuordnet, hat er bereits in seiner Zeit als Bürgermeister in Hamburg deutlich gemacht. Bei einem Vortrag über die Rolle der Religionen sagte Scholz 2015 unter Berufung auf den Philosophen Immanuel Kant, in einem säkularen Staat hätten Religionsgemeinschaften die Aufgabe, für sozialen Zusammenhalt zu sorgen. Kirchen und andere Glaubensgemeinschaften seien somit für den "Kitt der Gesellschaft" zuständig.

Bei einem Treffen mit dem Interreligiösen Forum erklärte Scholz 2017 zudem, auch wenn der Staat religiös neutral sei, setze er auf die Mitarbeit der Religionsgemeinschaften. Sie hätten eine wichtige Rolle im Sozialen, in Bildung und Erziehung und in der öffentlichen Meinungsbildung.

Amtseid ohne Gottesbezug

Seinen Amtseid als Bundeskanzler wird Olaf Scholz übrigens ohne Gottesbezug ablegen. Er verzichtet also auf die Formel "...so wahr mir Gott helfe" am Ende des Eids. So hielt es bereits sein Vorvorgänger und Parteigenosse Gerhard Schröder.

Im Gegensatz zu Scholz war (und ist) Schröder aber nicht konfessionslos – sondern Mitglied der Evangelischen Kirche. Das gilt auch für Scholz' Vorgängerin Angela Merkel – die auch die Gottesformel wieder in ihren Amtseid aufnahm.