Reinere Haut, eine verbesserte Darmgesundheit, ein größeres Wohlfühlen im Körper – all das sind Argumente, mit denen inzwischen eine große Anzahl an Firmen für Säfte zum Fasten wirbt. Leicht kann sich ein*e Jede*r schnell und unkompliziert eine Saftkur bestellen, ein paar Tage fröhlich Säfte trinken und sich dabei einbilden, ein schöneres Erscheinungsbild und bessere Verdauung zu erlangen. Fasten für die eigene Schönheit, Fasten als Lifestyleprodukt.

Fasten historisch eng mit religiösen Aspekten verbunden

Solche Fastenkuren haben freilich nicht mehr viel mit dem ursprünglichen Fastengedanken gemein. Denn in vielen Kulturen ist das Fasten schließlich eng mit religiösen Ereignissen oder dem Lauf des Jahres und Lebens verbunden. Fasten gilt als Zeit des Weglassens, als Zeit des Verzichts. Und gleichzeitig aber auch als Zeit des Bewusstwerdens. Weglassen, um Platz für anderes zu schaffen.

Die Neuzeit kennt neben dem religiösen Fasten auch das therapeutische Fasten und politische Fasten. Die Medizin kann immer wieder positive Wirkungen von Weglassen verschiedener Lebensmittelgruppen bei Krankheiten verzeichnen. Mahatma Gandhi als politischer Fastenakteur bleibt mit seinem Wirken vielen Menschen im Gedächtnis.

Fasten im Christentum

Christliches Fasten hat seine Wurzel in der jüdischen Tradition. Dort wird vor wichtigen Feiertagen eine 25-stündige Fastenzeit begangen. Die große Fastenzeit im Christentum dagegen umfasst 40 Tage, von Aschermittwoch bis Palmsonntag bzw. Ostersonntag. Sie orientiert sich an Jesu 40-tägigen Aufenthalt in der Wüste, von dem in der Bibel berichtet wird. Durch Verzicht und Enthaltsamkeit soll sich der Mensch neu besinnen, Buße tun und sich auf die Suche nach Gottes Nähe begeben.

Worum es beim christlichen Fasten also auch geht, ist die Beziehung zu Gott. Die Zeit, die durch Verzicht auf bestimmte Verhaltensweisen, Nahrung und Ähnlichem eingespart wird, soll dafür genutzt werden, sich über seine Beziehung zu Gott Gedanken zu machen, sie zu erneuern und zu vertiefen, beispielweise durch Gebete, meditative Übungen oder dem Nachdenken über religiöse Fragen. Die Fastenzeit kann so eine Zeit des Verzichts und des Gewinnes sein.

Zweideutigkeit des Fastens zum Trend machen

Die Zweideutigkeit des Fastens könnte auch Lifestyle-Fastenprogrammen eine andere Tiefe schenken. Meist steht hinter dem Wunsch nach einem verbesserten Aussehen und einem größeren Wohlgefühl im eigenen Körper ja ein großes Gefühl des Unwohlseins.

Lösen lässt sich das in der Regel nicht nur durch körperliche Veränderungen, sondern benötigt ein inneres Arbeiten, ein Nachdenken über das eigene Leben, Verhaltensweisen und Standpunkte im Leben. Wenn nun nicht mehr nur der Verzicht, sondern auch der Mehrgewinn an Zeit im Fokus steht, bilden sich große Zeitfenster, die gefüllt werden können.

Christliche Elemente mit Fastenkuren verbinden

Christliche Bräuche und Rituale wie Tagesgebete, angeleitete Besinnung, Gesang oder tägliches Bibellesen können genau solche Zeitfenster füllen. Sie geben Fragestellungen nach Glaube, nach dem Leben, nach Beziehungen und nach Gott Raum, ohne eine konkrete Antwort liefern zu müssen. Denn wenn man sich mit solchen Fragen beschäftigt, verändert das Nachdenken über eine mögliche Antwort schon die innere Haltung und Meinung.

So kann die Zeit des Verzichts zu einem Gewinn an Klarheit über wichtige Lebensfragen und zu einer Schärfung des eigenen Bewusstseins über sich selbst und seine Beziehungen zu anderen Menschen und zu Gott führen.

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