Die Lectio Divina, übersetzt "göttliche Lesung" beinhaltet vier Schritte: Lesung, Meditation, Gebet und Kontemplation.

Meditation meint dabei keine buddhistische Meditation, sondern bezieht sich auf eine mittelalterliche Verwendung des Wortes: Es geht darum, den Text inhaltlich zu durchdenken. Im Gebet wird der Text zur Grundlage eines inneren Dialogs mit Gott. Schließlich wird der Text kontempliert, was bedeutet, dass die Gedanken und die rationale Analyse in den Hintergrund treten und stattdessen der emotionale Gehalt erspürt werden soll. Die Meditierenden verweilen bei den emotionalen Qualitäten des Textes.

Eine weitere Anleitung stellt Luthers spätere Abwandlung der Methode dar, diese findest du unten in der Übersicht dieser Serie. In diesem Artikel stelle ich die klassische Form vor.

Nimm dir etwa fünfzehn Minuten Zeit für diese Übung. Es empfiehlt sich, einen ruhigen, ungestörten Ort zu wählen. Wichtige Gedanken kannst du in ein Notizbuch schreiben. Lege dein Smartphone weg oder schalte die Benachrichtigungen für diese Zeit ab. Wähle einen Ort und eine Haltung, in der du dich tief versenken kannst.

Hier kommt meine Anleitung für diese Meditation der Lectio Divina.

Schritt 1: Lesung

Nur auf Gott ⟨vertraue⟩ still meine Seele, denn von ihm kommt meine Hoffnung.

Nur er ist mein Fels und meine Rettung, meine Festung; ich werde nicht wanken.

Auf Gott ruht mein Heil und meine Ehre; der Fels meines Schutzes, meine Zuflucht ist in Gott.

Vertraut auf ihn allezeit, ⟨ihr von Gottes⟩ Volk! Schüttet euer Herz vor ihm aus! Gott ist unsere Zuflucht.

(Psalm 62,6-9; Elberfelder Bibelübersetzung)

Ich lese den Text bewusst langsam und achte auf den Zusammenhang der Satzteile und Struktur. Ich wiederhole die Teile, die mich besonders ansprechen. Ich stelle mir vor, dass Gott durch diesen Text zu mir spricht, mich ermutigen und stärken will.

Wie der Psalmist zu sich selbst redet, trete ich auch in einen inneren Dialog und spreche mir Teile des Textes zu, wie "Du darfst jetzt loslassen und vertrauen." Oder "Gott ist dein Fels und deine Sicherheit."

Schritt 2: Meditation

Ich bemerke, wenn Teile des Textes, Ideen oder die verwendete Sprache für mich auch unstimmig wirken können oder Fragen hervorrufen. Ich denke darüber nach, wie die Inhalte sich aufeinander beziehen. Ich lasse Fragen und Kritik zunächst einfach so stehen, nehme sie wahr.

Schritt 3: Gebet

Ich beginne einen inneren Dialog über den Text, indem ich mir vorstelle, was Gott wohl zu meinen Fragen sagen würde. Ich stelle mir Gottes Antwort vor in dem Wissen, dass seine Antworten mich in einen inneren Frieden führen. Ich erfahre Freude, Hoffnung, Trost und Beistand bei Schwierigkeiten.

Wenn es sich stimmig anfühlt, bitte ich Gott, die positives Qualitäten des Textes in meinem Alltag erlebbar zu machen und etwa mehr innere Sicherheit und Vertrauen zu haben.

Schritt 4: Kontemplation

Wenn der Dialog verebbt, wende ich mich den emotionalen Qualitäten des Textes zu. Empfinde ich vielleicht Frieden, Ruhe oder Vertrauen? Kann ich mich darauf einlassen ? Ich verweile beim Erleben dieser Qualitäten.

Ich betrachte diese positiven Haltungen als mir von Gott zugesprochen und jederzeit zugänglich.

Ich präge mir dieses Gefühl ein, um Situationen, in denen ich die Erfahrung von Frieden gebrauchen könnte, später im Alltag wieder hervorzurufen.

Zum Abschluss danke ich Gott. Ich notiere meine wichtigsten Erkenntnisse in meinem Notizbuch.

 

Wie ging es dir beim Ausprobieren? Welcher Schritt tat dir besonders gut oder fiel schwer? Schreibe es gerne in die Kommentare.

Anleitung Lectio Divina

PrayerLab: Anleitungen für Gebet und Meditation mit der Bibel

Unsere Reihe "PrayerLab" bietet Euch konkrete Anleitungen und Methoden: Wie kann ich beten einüben? Wie kann ich mit der Bibel meditieren? Wir stellen Euch konkrete Methoden vor, erklären die historische Entstehung und geben Euch eine praktische Anleitung.

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden