Die 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) ist eröffnet: Mit einem Gottesdienst und mehreren Grußworten startete die neuntägige Versammlung in Karlsruhe.

Kurschus: Menschenwürde über alles

Im Eröffnungsplenum hob die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) die Symbolkraft des Tagungsortes Karlsruhe hervor – und bezog sich dabei auf das Bundesverfassungsgericht, das in der badischen Stadt seinen Sitz hat:

"Diese Stadt ist für uns in Deutschland zumindest ein klitzekleiner Vorposten des Reiches Gottes: Weil hier nach Kräften die Menschenwürde hochgehalten und verteidigt wird."

Am Bundesverfassungsgericht habe Artikel 1 des Grundgesetzes seinen Hort: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Diesen Satz hätten die Mütter und Väter des demokratischen Deutschlands ganz nach vorn gestellt, als Nazideutschland überwältigt und zusammengebrochen sei. "Nicht: Deutschland über alles. Nicht: Nation, Volk, Geld über alles. Sondern: Die Menschenwürde über alles!"

Liebe duldet keinen Angriffskrieg

Sie wage zu behaupten, fuhr Kurschus fort, dass Jesus sagen würde: Ihr seid nicht fern vom Reich Gottes mit diesem Bekenntnis.

"Es ist dies die säkulare Form dessen, was wir glauben, dass uns in den angetasteten, entrechteten, unter Gewalt leidenden Menschenbrüdern und -schwestern Christus begegnet und uns zur Liebe ruft."

Um der Liebe Christi willen glaube und hoffe sie, dass ein starkes Zeugnis von der Versammlung ausgehe. Die Liebe Christi sei keine "Gefühlsduselei", erklärte Kurschus. "Sie ist eine Praxis: tatkräftig, verwegen, mutig, widerständig", so die Ratsvorsitzende.

Auch eine Liebe, die alles ertrage, alles glaube und alles hoffe, dulde nicht alles:

"Liebe duldet keinen Angriffskrieg. Dem widerspricht sie. Wenn es Versöhnung und Einheit geben soll, dann nicht ohne diese Wahrheit."

Damit nahm sie Bezug auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, der eines der kontrovers diskutierten Themen des Treffens werden dürfte. Es sind sowohl Vertreter*innen der russisch-orthodoxen als auch der ukrainisch-orthodoxen Kirche anwesend. 

Treffen steht im Zeichen von Versöhnung

Die Vertreter*innen von 352 Kirchen treffen sich unter dem Leitwort "Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt". Mehr als 4.000 Christ*innen aus rund 120 Ländern werden erwartet, um gemeinsam zu beten, zu beraten und zu feiern. Die Vollversammlung ist das höchste Entscheidungsgremium des ÖRK und zugleich die umfassendste Zusammenkunft von Christinnen und Christen weltweit. Sie tritt in der Regel alle acht Jahre zusammen.
 
Die 11. Vollversammlung des ÖRK findet auf gemeinsame Einladung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Evangelischen Landeskirche in Baden, der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), der Union der Protestantischen Kirchen von Elsass und Lothringen (UEPAL) und der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz in Karlsruhe (Deutschland) statt.
 
Die Evangelische Kirche in Deutschland wird in der Versammlung durch eine zwölfköpfige Delegation vertreten. Für die bayerische Landeskirche sind Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und der Jungsynodale Kilian Deyerl als Delegierte vor Ort. Beobachterstatus haben unter anderem die Ökumene-Referentin Maria Stettner und die Leiterin von Mission EineWelt, Gabriele Hoerschelmann.