Ökumene, die wurde in Eichstätt schon gelebt, bevor Martin Schuler und Christiane Rabus-Schuler vor rund fünf Jahren die Pfarrstelle in der Domstadt übernahmen und in die frisch renovierte Wohnung am Leonrodplatz einzogen. Die neoromanische Erlöserkirche, in die man direkt von dem Gebäudekomplex aus Wohnung und Gemeindehaus gelangt, wirkt mit ihrem Äußeren aus roten Ziegeln tatsächlich fast ein bisschen trotzig gegenüber den Ensembles am Residenzplatz.

Gut protestantisch, jedoch: "Wir laden alle ein, zu uns zu kommen", sagt Martin Schuler. Gemeint sind nicht nur die zahlreichen katholischen Mitchristinnen und -christen, manche Ehepartner von Kirchenvorständen oder Mitglieder des Posaunen- oder Projektchors. Dazu gehören auch die Baptisten, die freikirchliche Christengemeinde oder das ostkirchlich orientierte Collegium orientale.

Erlöserkirche wächst

Bis 1803 gab es überhaupt keine Protestanten in Eichstätt. Die wurden immer mehr, seit die Erlöserkirche 1887 eingeweiht worden war und heute durch den Zuzug junger Familien ins Altmühltal. Rund 2.800 Gemeindeglieder hat die Erlösergemeinde heute. Die wohnen gut zur Hälfte in Eichstätt, aber auch in den Dörfern im Umkreis von rund 20 Kilometern.

Eine Herausforderung für die beiden Pfarrer ebenso wie für die Kirchgänger, weil beide Seiten oftmals eine weitere Anfahrt in Kauf nehmen müssen. "Aber die Leute kommen gerne zu uns und in ihre Kirche", ist Rabus-Schuler überzeugt. Für die, die den Weg aus gesundheitlichen Gründe nicht mehr so einfach schaffen, solle nun ein Fahrdienst organisiert werden.

Einheit mit anderen religiösen Gruppen

Fast möchte man meinen, die Gewissheit über das eigene Dasein als Minderheit schweiße auch mit anderen kleinen Gruppen von Gläubigen zusammen.

"Es ist der Blick auf das Wesentliche, den Glauben und die Gemeinschaft, der uns eint",

meint Martin Schuler. Noch einmal stärker sei dies während der von Einschränkungen bestimmten Corona-Monate in den Fokus gerückt.

Plötzlich waren große, gemeinschaftliche Gottesdienste auf dem Residenzplatz möglich, bei denen alle Glaubensgemeinschaften mit eingeladen waren. Ein Band, das auch zusammenhält, wenn das Glaubensleben wieder ohne strengere Maßnahmen ablaufen kann. "Wir werden oft von anderen eingeladen", ergänzt Christiane Rabus-Schuler.

Aktive Ökumene

Bald wird es auf der Homepage der Gemeinde eine eigene "Ökumene"-Ecke geben. Schon jetzt liest sich die Liste der Aktionen oder Projekte, an denen katholische wie evangelische oder andere christliche Gläubige mitwirken, stattlich: Es gibt gemeinsame Friedensgebete jeden Mittwoch auf dem Residenzplatz, Schul- oder Semestergottesdienste oder eine "Nacht der Lichter" mit Taizé-Gesängen. Man trifft sich bei der Gebetswoche für die Einheit der Christen oder im Arbeitskreis "Juden und Christen". Vertreter der beiden großen christlichen Kirchen haben die Schirmherrschaft für die Tafel in Eichstätt gemeinsam übernommen.

"Ökumene ist kein Betriebsunfall der Kirchengeschichte, sondern in der Vielstimmigkeit des Neuen Testamentes grundgelegt",

erklärt Martin Schuler.

Erlöserkirche soll saniert werden

Die Innensanierung der Erlöserkirche ist das nächste große Projekt, das man während des Jahres 2023 angehen will. Und auch muss. Es haben sich Risse im Mauerwerk gezeigt, die allerdings keine statische Ursache haben. Es bietet sich die Gelegenheit, über eine Umgestaltung der Aktionsflächen in der Kirche nachzudenken. Finanzierung und weitere Planung stehen allerdings noch in den Sternen.

Die beiden Pfarrer erhoffen sich von der Sanierung dann weitere positive Impulse für die eigene Gemeinde, fühlen sich aber weiter wohl beim Wandeln auf dem christlichen Flickenteppich in Eichstätt. "Ökumene ist ein Geschenk", sagt Martin Schuler. Über den Austausch bekomme man eine ungefähre Ahnung vom Evangelium.

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