Die Kirchensteuer hat in Deutschland eine lange Tradition, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Sie ist im Grundgesetz geregelt. Die katholische und die evangelische Kirche sowie einige andere Religionsgemeinschaften erheben von ihren Mitgliedern eine Steuer, die von den Finanzämtern eingezogen wird.

Je nach Bundesland beträgt die Kirchensteuer zwischen acht und zehn Prozent der Einkommen- oder Lohnsteuer. Das Geld fließt vor allem in die Gemeinden: in Seelsorge, Gottesdienste, Jugend-, Frauen-, Senior*innen- und Familienarbeit, Krankenhäuser oder Altenheime. Auch Angestellte wie Kirchenmusiker*innen, Sekretär*innen, Küster*innen und Hausmeister*innen werden damit bezahlt.

Kritik – und Reform?

In den letzten Jahren gab es in Deutschland einige Diskussionen über die Kirchensteuer. Einige Kritiker*innen argumentieren, dass die Verbindung von Staat und Kirche über die Kirchensteuer problematisch sein kann und die Kirchenfinanzierung reformiert werden sollte. Befürworter*innen betonen dagegen die wichtige soziale und karitative Arbeit der Kirchen, für die die Kirchensteuer notwendig sei.

Die Kirchensteuer in anderen Ländern:

 

1. Vereinigte Staaten

In den USA gibt es keine landesweite Kirchensteuer. Die Finanzierung der Kirchen erfolgt hauptsächlich durch freiwillige Spenden der Gläubigen. Diese Spenden sind steuerlich absetzbar, was die Bereitschaft der Menschen, ihre Glaubensgemeinschaft zu unterstützen, erhöht.

2. Schweden

In Schweden heißt die Kirchensteuer seit der Trennung von Staat und Kirche "Kirchenabgabe". Diese wird von der Steuerbehörde erhoben. Die Höhe der Abgabe richtet sich nach der Kirchengemeinde, der man angehört. Die durchschnittliche Höhe der Abgabe betrug 2015 lediglich ein Prozent des zu versteuernden Einkommens.

3. Österreich

In unserem Nachbarland Österreich gibt es so etwas Ähnliches wie eine Kirchensteuer. Da es nicht, wie etwa in Deutschland, direkt durch das Finanzamt erhoben wird, ist es allerdings keine echte Steuer und wird daher als Beitrag bezeichnet. Für die Erhebung ist die jeweilige Kirche selber verantwortlich. Im Prinzip ist dabei jedes Mitglied der Kirche verpflichtet, seinen Beitrag zu entrichten. Der Kirchenbeitrag beträgt 1,1 Prozent vom Einkommen. Davon wird ein allgemeiner Absetzbetrag von 58 Euro abgezogen. Der Mindestkirchenbeitrag macht 117 Euro für Selbständige bzw. 32 Euro für Arbeiter*innen, Angestellte und Pensionist*innen aus.

4. Schweiz

In der Schweiz ist die Verwaltung der Kirchensteuer regional geregelt. Die einzelnen Kantone sind für die Organisation und Durchführung der Kirchensteuer zuständig. Innerhalb dieser kantonalen Strukturen agieren öffentlich-rechtliche Kirchgemeinden unabhängig von der Bistumsleitung. Diese Kirchengemeinden legen jeweils die Höhe der lokalen Kirchensteuer fest und sorgen auch für deren Einzug. Die Einnahmen aus dieser Steuer dienen der Unterstützung der Kirchengemeinden und tragen letztlich auch zur Deckung eines Teils des Bistumshaushaltes bei. Die autonome Verwaltung der Kirchensteuer durch die Pfarreien und die kantonalen Organe erhöht jedoch die Herausforderungen für die Finanzierung auf übergeordneter Ebene, da die finanziellen Bedürfnisse der einzelnen Regionen berücksichtigt werden müssen.

5. Frankreich

In Frankreich gibt es keine landesweite Kirchensteuer. Die Trennung von Kirche und Staat ist in der Verfassung verankert, und die Religionsgemeinschaften sind größtenteils auf Spenden und private Unterstützung angewiesen. Einige Religionsgemeinschaften, insbesondere die katholische Kirche, erhalten jedoch staatliche Unterstützung für den Erhalt historischer Gebäude und Denkmäler. Es gibt auch die Möglichkeit für Steuerzahler, freiwillige Spenden für religiöse Zwecke zu leisten, die dann steuerlich absetzbar sind.

6. Italien

In Italien werden 0,8 Prozent der Einkommensteuer an anerkannte Religionsgemeinschaften oder für humanitäre Zwecke abgeführt. Jeder Steuerzahlende entscheidet jedes Jahr neu, an wen das Geld gehen soll. So wirbt z.B. die katholische Kirche in Werbespots für den Zuschuss.

7. Spanien

Die Kirchensteuer in Spanien ähnelt dem italienischen System. Die Steuerpflichtigen entscheiden jedes Jahr freiwillig im Rahmen ihrer Steuererklärung, ob ein Teil ihrer Steuerschuld für die Kirche oder für andere soziale oder kulturelle Zwecke verwendet werden soll. Die Höhe der Abgabe beträgt 0,7 Prozent.

8. Polen

In Polen gibt es keine Kirchensteuer und keine vom Staat geregelte Finanzierung. Die Kirche und ihre Geistlichen leben von dem, was die Gläubigen spenden - ohne Quittungen und klare Regeln.

9. Ukraine

In der Ukraine gibt es keine Kirchensteuer, die von Mitgliedern der orthodoxen Kirchen oder anderen religiösen Gemeinschaften bezahlt wird. In einer Umfrage lehnten 2018 mehr als die Hälfte der Befragten eine Staatskirche, die durch Steuern finanziert würde, ab.

10. Israel

In Israel gibt es keine Staatskirche oder "offizielle" Religion, aber die jüdische Religion hat im rechtlichen und symbolischen Sinne eine Dominanz gegenüber anderen Religionen wie Islam und Christentum. Die wichtigsten religiösen Institutionen (Oberrabbinat, lokale Rabbinate, religiöse Räte, religiös-staatliches Schulsystem) sind staatliche Organe. Wichtige Lebensbereiche (Heirat, Scheidung, Friedhöfe) werden von religiösen Institutionen verwaltet. Es gibt staatlich-religiöse Gesetze in bestimmten Lebensbereichen, und der Staatshaushalt finanziert religiöse Einrichtungen und Dienste (z.B. Synagogen, Moscheen, staatliche und nichtstaatliche religiöse Schulen, Friedhöfe und religiöse Bäder).

11. England (Vereinigtes Königreich)

Im Vereinigten Königreich gibt es keine nationale Kirchensteuer. Die Kirche wurde dort, anders als in anderen europäischen Ländern, nie enteignet. Die Church of England finanziert drei Viertel ihres Gesamthaushaltes (umgerechnet etwa 1,2 Milliarden Euro) aus Spenden ihrer Gemeindemitglieder und Einnahmen in den Gemeinden. Zudem gibt es große Steuererleichterungen für die Kirche.

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