Auf dem Deckblatt ranken sich Klatschmohn und Kornblumen um die Steinerne Brücke mit Bruckturm und Salzstadel: Schwungvolle Linien geben dem Gemälde seine Dynamik - so als würde das alte Gemäuer zu sprießen anfangen. Mit feiner Ironie hat Marlene Kostka, die Malerin, der Regensburger Greenmap jugendliche Flügel verliehen. Erarbeitet und entwickelt hat die Arbeitshilfe mit Materialien für nachhaltiges Leben die evangelische Dekanatsjugend. Diese Woche wurde sie online gestellt.
Nachhaltige Spiele und Aktionen
Auf 63 Seiten präsentieren die jungen Menschen darin nachhaltige Upcycling-, Spiele- und Aktionsideen, Einkaufstipps, spirituelle Impulse für Andachten und einen fertigen Jugendgottesdienst mit dem Titel "Unser täglich Brot". Vorgestellt werden auch Hinweise zum Einsparen von CO2 und Wasser. Kurzum: Es gibt erprobte und evaluierte Materialien, damit Nachhaltigkeit zu einem reflektierten Lebensstil werden kann.
Während andernorts junge Leute ihrem Frust über Artensterben, Umweltzerstörung und fortschreitenden Klimawandel bei Demonstrationen freien Lauf lassen, hat die evangelische Jugend einen anderen Weg gewählt. Die Regensburger Oberbürgermeisterin gerät darüber geradezu ins Schwärmen. Um die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 umzusetzen, die sich die Kommune zum Ziel gesetzt hat, "braucht es Menschen, die mitmachen und die Ziele mit Leben füllen", schreibt Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD) in ihrem Grußwort.
Lange vor Fridays for Future
Der erste Impuls für die Greenmap liegt bereits zehn Jahre zurück. Laut Dekanatsjugendreferentin Barbara Hochschau ging es los im Herbst 2012 auf einem Jugendkonvent zum Thema "Öko-Bio-Fair bringt mehr!". Aus diesem entstand 2013 der Arbeitskreis Nachhaltigkeit, in dem sich im Laufe der Jahre immer mehr Ehrenamtliche beteiligten - lange bevor es Fridays for Future gab. Sie sichteten Rechnungen von Freizeiten und anderen Veranstaltungen, entwickelten daraus Einkaufsrichtlinien, die in die Praxis umgesetzt wurden, wie der Kauf von fair gehandelter Ware.
Im Lauf der Zeit wurden immer mehr Ideen entwickelt und umgesetzt.
"Wir wollten, dass auch andere Verbände auf kirchlicher und kommunaler Ebene Methoden an die Hand bekommen, die sie verwenden können. Nicht nur Kinder und Jugendliche, die eh schon darauf geachtet haben",
sagt Hochschau. Und Malerin Kostka hofft, "dass wir damit ein Werkzeug geschaffen haben, mit dem wir vorausschauend und nachhaltig mit unseren verfügbaren Ressourcen umgehen". Die Regensburgerin ist eine von mehr als 20 Ehrenamtlichen, die an der Greenmap mitgewirkt haben.
Frage der Gerechtigkeit entscheidend
Auch Valentin Specht hat den Prozess der Greenmap über eine lange Strecke verfolgt, viele Ideen weiterentwickelt und aktualisiert. "Für mich ist schon immer die Frage nach Gerechtigkeit auf der Welt eine für mein Leben entscheidende gewesen, die mich auch theologisch begleitet hat, in der Konfirmanden- und der Kinder- und Jugendarbeit", sagt der 29-Jährige, der heute an einem Gymnasium in Traunreut unterrichtet.
Für ihn gehört der Klima- und Umweltschutz substanziell dazu, "weil es auch da um Gerechtigkeit geht und den Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung". Elemente der Greenmap setze er sogar in seinem Politik- und Religionsunterricht ein.
Bedford-Strohm: Ausbeuterische Herrschaftsverhältnisse nicht gemeint
Beim Thema Nachhaltigkeit gehe es "nicht nur um irgendein Hobby oder Nebenthema, sondern um Kerninhalte des christlichen Glaubens", schreibt Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm in seinem Grußwort.
"Wenn in der Schöpfungsgeschichte davon die Rede ist, dass der Mensch sich die Erde 'untertan machen' solle, dann ist damit eben nicht ein von Ausbeutung geprägtes Herrschaftsverhältnis gemeint", betont er.
Das "Bebauen und Bewahren", von dem in der Schöpfungsgeschichte die Rede ist, stehe nicht in einem Spannungsverhältnis zum Herrschaftsauftrag des Menschen, sondern sei in einer Perspektive der Verantwortung zu deuten. Mit ihrer Greenmap haben sich die jungen Leute genau das zu Herzen genommen.